Monatelanges Gezerre beendet

Bosnien: Einigung auf Premier

Bosniaken, Serben und Kroaten haben sich nach monatelangem Tauziehen auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung für Bosnien-Herzegowina geeinigt. Gerade noch rechtzeitig, um finanzielle Hilfe aus dem Ausland zu bekommen und einen Zusammenbruch des Staates zu verhindern.

Abendjournal, 29.12.2011

Kampf um den Premier

Monatelang führten sechs Parlamentsparteien - die bosniakische SDA, die bosnisch-serbischen SNSD und SDS und die kroatischen HDZ und HDZ 1990 sowie die multiethnische SDP - den Kampf um das Premiersamt. Die HDZ hatte diesen Posten gleich nach der Wahl für sich beansprucht, auch wenn sie im gesamtstaatlichen Parlament nur mit drei Abgeordneten vertreten ist. Die Wahlsieger, die SDP und die SNSD, haben jeweils neun Abgeordnete.

Einigung auf Finanzexperten

Nun, knapp 15 Monate nach den Wahlen im Oktober 2010, ist doch die Bildung einer neuen Regierung in Sicht. Die HDZ hat ihren Funktionär Vjekoslav Bevanda für das Amt des Ministerpräsidenten vorgeschlagen. Der jahrelang im Banksektor tätige 55-jährige Finanzexperte aus Mostar war zwischen 2008 und 2010 Finanzminister des größeren Landesteils, der Bosniakisch-Kroatischen Föderation. Sein Ministerium wurde von dem nichtstaatlichen Zentrum für Zivilinitiativen (CCI) als erfolgreichstes in der Regierung bewertet.

Das Staatspräsidium bestätigte die Bereitschaft, den neuen Premier so schnell wie möglich zu bestellen, sobald der Name des Kandidaten zugestellt ist. Entsprechend der komplizierten Prozedur muss der Amtsanwärter zuerst von Nachrichtendiensten auf seine Tauglichkeit geprüft werden.

"Positiver Trend"

Der Hohe Repräsentant Valentin Inzko und der EU-Sonderbeauftragte Peter Sörensen ermutigten in den ersten Reaktionen die bosnischen Politiker, den positiven Trend fortzusetzen. Vor der neuen Regierung stehen nicht nur Wirtschaftsprobleme und die bei 30 Prozent liegende Arbeitslosigkeit. Das Balkanland ist in seinem EU-Annäherungsprozess in den letzten zwei Jahren praktisch stecken geblieben. Um den Status eines EU-Beitrittskandidaten beantragen zu können, muss Sarajevo zuerst Lösungen für die Gesetze über die Staatshilfe und die Volkszählung finden. Erwartet wird auch die Umsetzung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes, durch welche die Diskriminierung der kleineren Volksgruppen bei der Wahl des Staatspräsidiums aufgehoben werden soll. Soweit sind in der Staatsführung nur die Vertreter der drei Staatsvölker vertreten. Über die Budgetpläne hatten sich führende Politiker am Mittwoch geeinigt.