Architektur und Baukultur im Schwarzwald

Walmdach und Holzbalkon

Der Schwarzwälder Eindachhof ist vom Aussterben bedroht: Moderne Baustile verdrängen das Haus, welches Scheune, Stall und Wohnbereich unter einem einzigen Dach vereint. Der "Baukultur Schwarzwald Architekturpreis – Neues Bauen im Schwarzwald" fördert die regionale Baukultur.

Der sogenannte Franz Seppe Hof steht inmitten eines großen Gartens in St. Blasien–Menzenschwand. Das mächtige Dach des Bauernhauses wölbt sich schützend über die Balkone, die rund um das erste Stockwerk herumführen. Der Architekt Stefan Blum war für die Restaurierung des aus dem Jahre 1748 stammenden Bauernhauses verantwortlich.

Die wuchtigen Häuser hatten keinen gestalterischen Anspruch, sagt der Architekt, der auch als Bauforscher tätig ist. Die Eindachhöfe waren Funktionsgebäude für die Landwirtschaft: Wie groß ein Haus gebaut wurde, hing zunächst von der Anzahl des Viehs ab, das sich der Hausherr leisten konnte: Je größer die Kuhherde, desto größer und breiter wurde auch der Stall angelegt. Der Wohnbereich schloss direkt an die Stallungen an.

300 Quadratmeter Wohnfläche waren eher ein Nebenprodukt, erklärt Stefan Blum. Heute gibt es noch 2.500 dieser Bauernhäuser im Schwarzwald. Vollerwerbs-Landwirtschaft rentiert sich jedoch immer weniger, viele Höfe können nicht mehr bewirtschaftet werden - das Schwarzwaldhaus mit Scheune, Stall und Wohnhaus unter einem Dach ist in Gefahr.

Das Haus der Natur am Feldberg

Etwas Besonderes ließen sich Architekten für einen besonderen Ort einfallen: für das Haus der Natur am Feldberg, der mit knapp 1.500 Metern höchsten Erhebung Baden–Württembergs. Das Haus der Natur ist Museum und Verwaltungssitz für das Naturschutzzentrum und den Naturpark Südschwarzwald in einem.

Der Neubau ist eine moderne Interpretation des Schwarzwälder Eindachhauses. Im Querschnitt hat das Museum eine Parabelform - es wirkt wie ein im Boden versenktes Fass. Das Dach ist sichelförmig geschwungen und reicht an der dem Wald zugewandten Seite beinahe bis zum Boden. An der großen verglasten Eingangsfront stützen Säulen das überhängende Dach. Ungewöhnlich ist auch der Standort des Gebäudes: Die große Fensterfront mit den Säulen blickt nicht zur Natur - zum Wald - sondern zum Parkplatz hin, zur Straße, die zum Schilift führt.

Talking Ranger

Für Besucherrekorde sorgen die multimedialen Ausstellungen im Haus der Natur: Ausstellungen zu Geschichte, Wirtschaft und Naturschutz der Region begeistern Jung und Alt. Eine Attraktion des Hauses ist der "Talking Ranger", der sprechende, virtuelle Naturschutzwart: Ein künstlicher Ranger, der täuschend echt aussieht informiert über Natur und Naturschutz. Der Trick: Filmaufnahmen des echten Naturschutzwartes werden auf einen Kopf aus Kunststoff projiziert.

Die "Holzschnefler" von Bernau

Bernau war eine Hochburg der sogenannten "Schnefler", so nannte man die Holzbearbeiter wie Drechsler, Mausefallenmacher und Spanschachtelhersteller. Das erfährt man im Heimatmuseum Resenhof, einem alten Schwarzwaldhaus, das bis 1986 bewohnt war. Landwirtschaft zu betreiben war schwierig auf 1000 Metern Seehöhe, erfährt man bei der Führung. Zuverdienst war notwendig.

In den langen Wintermonaten stellten die Bauern Haushaltswaren aus Holz her, erzählt Margret Köpfer: Die alten Holzschnefler von Bernau produzierten praktische Alltagsgegenstände und sie spezialisierten sich: Sie bauten Fässer, Spinnräder und Pillendosen, es gab Mausefallen- und Gemüsehobelhersteller. Mit dem Gemüsehobel zerkleinerte man Gemüse zum Konservieren. Außer Sauerkraut legte man auch Kohlrabi ein, gelbe Rüben, Bohnen und Mangold. Anfang des 20. Jahrhunderts waren in Bernau noch 150 Schnefler tätig, heute ist der Beruf fast ausgestorben.

Zimmer mit Aussicht

Viele Hotels und Gaststätten im Schwarzwald liegen auf der historischen Reiseroute, die von Paris nach Wien führte. Diese historischen Gaststätten waren oft einfache Poststationen, nicht selten jedoch riesige Schwarzwaldhäuser mit großen Scheunen, die Platz für das Gefolge und die Pferde der Reisenden boten.

Das Hotel "Die Halde" etwa wurde erstmals im Jahre 1300 urkundlich erwähnt. Es ist ein mondänes Wellnesshotel mit abwechslungsreicher Vergangenheit. Das Hotel liegt am sogenannten "Schauinsland", das ist der Hausberg von Freiburg im Breisgau. Vom "Schauinsland" aus - er liegt zehn Kilometer südöstlich der Stadt - wird man mit einem einzigartigen Panoramablick über den Schwarzwald belohnt.

Im 14. Jahrhundert kehrten die Gäste jedoch kaum wegen dem tollen Ausblick ein: "Die Halde" war ein Gasthaus für die Arbeiter und Knappen der Silberminen. Anfang des 20. Jahrhunderts schließlich war es ein Hotel mit mehr als 100 Betten. Heute ist das Hotel ein historisches Juwel, sagt Lucia Hegar, die Hausherrin, und doch ist es geglückt, eine harmonische Verbindung mit einem Neubau herzustellen.

Neues Glas und alte Wände

Der mit Holzschindeln bekleidete Altbau des Hotels "Die Halde" ist denkmalgeschützt, auch die alte Gaststube, deren Wände mit dunklem Holz vertäfelt sind. Porträts von lange verblichenen Vorbesitzern blicken von den Wänden, die schweren Holzdielen knarren bei jedem Schritt. Massive Holzbalken, eine gedrungene Decke - hier kultiviert man alte Schwarzwälder Gastlichkeit.

Die kleinen Fenster der historischen Gaststätte ergänzte der Architekt Carl Langenbach mit gläsernen Panoramafronten im Neubau: Der moderne Gastraum ist lichtdurchflutet und freundlich. Panoramafenster mit Weitblick gibt es auch im großzügig angelegten Wellnessbereich: Im Hallenbad, in der Sauna, bei Ayurveda oder Yoga genießen die Gäste den Ausblick in den Schwarzwald. Wanderwege, Langlaufloipen und Touren zu Berghütten beginnen vor dem Hotel, Kulinarische Wanderungen leitet Küchenchef Martin Hegar selbst: Der Naturparkwirt kennt sämtliche Kräuter, Pilze und essbare Blüten und bringt sie phantasievoll auf den Teller. Klassiker wie die "Schauinsländer-Bergheusuppe mit bunten Blüten" und das regionale Konzept, meint Lucia Hegar, locken Gourmets ins Hotel.

Service

Schwarzwald - Tourismus-Info
Dr. Stefan Blum
Naturpark Südschwarzwald
Hotel "Die Halde"
Werkgruppe Lahr
Rainhof Scheune

Gerhard Zickenheiner und Hans Güdemann, "DorfLeben – Spaziergänge durch Geschichte, Landschaft und Dörfer im Naturpark Südschwarzwald", Naturpark Südschwarzwald

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