Neue Kollektivverträge oder doch kein Problem?

"Arm trotz Job" - Was tun?

Weil in Österreich immer mehr Menschen trotz Job auf Sozialhilfe, die sogenannte Mindestsicherung, angewiesen sind, fordert die Arbeiterkammer (AK) für bestimmte Branchen neue Kollektivverträge. Die Wirtschaftskammer hingegen sieht kein Problem mit prekären Arbeitsverhältnissen.

Mittagsjournal, 18.1.2012

"Kein Arbeitsplatzthema"

Dass immer mehr Menschen Sozialhilfe beziehen, daran seien nicht geringe Löhne schuld, sagt Martin Gleitsmann von der Wirtschaftskammer. Sondern es seien vor allem Geschiedene und Alleinstehende, die die Mindestsicherung beziehen - und zwar, ohne einen Job zu haben. "Aus unserer Sicht sind es weniger Arbeitsplatzthemen, die da eine Rolle spielen, sondern die stark gestiegenen Scheidungsraten und das zunehmende Phänomen Single-Haushalte."

AK für neue Kollektivverträge

Die Arbeiterkammer widerspricht: Immer mehr Menschen arbeiteten in schlecht bezahlten und schlecht abgesicherten Jobs. In bestimmten Branchen müssten neue Kollektivverträge her, sagt Gernot Mitter von der Arbeiterkammer Wien. Vor allem die Mitarbeiter von Freiberuflern wie Ärzten und anderen hätten sehr geringe Einkommen.

"Wichtige Brücke" Praktikum

Auch was unbezahlte Praktika betrifft, gehen die Meinungen auseinander. Diese seien eine gute Möglichkeit zum Berufseinstieg, sagt Martin Gleitsmann von der Wirtschaftskammer, und es gebe auch bezahlte Praktika. Die Praktika hätten eine zunehmend wichtige Brückenfunktion von der Ausbildung in eine berufliche Tätigkeit, so Gleitmann. Und Studien belegten, dass Menschen , die Praktika in Anspruch nehmen, damit sehr zufrieden seien.

AK will Gesetz

Kritischer sieht das die Arbeiterkammer. Wer wie oft und bei wem ein Praktikum absolviert, müsse neu geregelt werden, fordert Gernot Mitter. Es dürfe nicht vorkommen, dass jemand mehrere Praktika hintereinander beim selben Auftraggeber macht. Die AK fordere eine gesetzliche Regelung für die verpflichtend vorgeschriebenen Praktika.

Die Wirtschaftskammer betont außerdem, dass die neue Mindestsicherung, die die Sozialhilfe abgelöst hat, ohnehin höher sei.