Glory Hazel arbeiten Pornos um
Pornographical Remixes
In Österreichs Medienlandschaft gehen die Wellen derzeit ein klein wenig hoch, weil eine Expertin für horizontale Beziehungen auf dem öffentlich-rechtlichen Parkett tanzen soll. Im schweizerischen Basel will ein Kunstprojekt dem Sexfilm nun zu neuen Ehren verhelfen.
8. April 2017, 21:58
Erotische Stimmungscollagen
Die Innenarchitektin Sabine Fischer und die Produktdesignerin Sandra Lichtenstern montieren alte Erotikfilme zu hoch artifiziellen "Pornographical Remixes". Sie nennen sich "Glory Hazel" und verwandeln einschlägige Streifen aus den 1970er und 80er Jahren in erotische Stimmungscollagen. Ganz leicht fällt das den Damen freilich nicht immer, so manches finden sie eklig.
In den 70er Jahren, meinen Sabine Fischer und Sandra Lichtenstern, gab es noch die weiche Ästhetik des Sexfilms voller Plüsch und Pastelltönen. Es ging mehr um das Spiel mit erotischen Fantasien, und weniger um das Ausleuchten allerletzter Intimitäten. Die Bilder, die Glory Hazel erzeugen, setzen auf den natürlichen Sex-Appeal der alten Aufnahmen - "Teenager in Love", "Engel der Lust", "Verlorene Eier"...
"Glücklich ins Bett"
Dadaistisches Gestammel statt banaler Dialoge, natürliche Behaarung statt glattrasiertem Körper, der Eiffelturm als Phallus-Symbol. Immer wieder werden Aufnahmen von Architektur- oder Designobjekten in die Sex-Szenen montiert. Glory Hazel machen aus dem alten Material neue Kunstprodukte in Form von 20-Minuten-Kurzfilmen. Die Inhalte werden - frei nach dem Motto "Erregung ohne Erzählung" - ad absurdum geführt.
Grobkörnige Aufnahmen aus längst vergangenen Zeiten. Vieles bleibt vage und ist doch fantasieanregend. Die neu komponierte Musik dient als Bindeglied zwischen den Bausteinen Ton und Bild. Stöhnen, Sex, Soundtrack - alles ordnet sich einer zentralen Frage unter: "Was ist erregend? Welche Töne helfen der Erregung, dem Bild? Das ist immer superspannend", meint Sabine Fischer von Glory Hazel.
Bei den "Pornographical Remixes" geht es Glory Hazel um das Wiederaufgreifen, das Recyclen, das Modellieren ästhetischer Lustbilder. Streng nach dem Leitmotiv "Form follows function". Die Wirkung steht über dem Bild und das Spiel mit dem erotischen Anachronismus legitimiert für den Zuschauer den Konsum: So tricksen die filmischen Stimmungscollagen von Glory Hazel die Scheinmoral aus. Das Gewissen soll gestreichelt, nicht aber gefordert werden. "Deshalb, denke ich, geht man danach eher glücklich ins Bett", meint Sandra Lichtenstern.