Gekürzte Budgets und abgesprungene Mäzene
Sparstift bei Spaniens Kulturleben
In Spanien, einem durch die hohe öffentliche und private Verschuldung vom Bankrott bedrohten Land, muss auch bei den Kulturausgaben der Sparstift angesetzt werden: Immer mehr Einrichtungen müssen unter dem Spargebot ihr Angebot kürzen oder gar schließen.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 07.02.2012
Die Krise hat viele Gesichter in Spanien. Neben der Rezession und einer Rekord-Arbeitslosenquote haben mehrere Sparpakete auch im Kulturleben deutliche Spuren hinterlassen. Festspiele müssen den Preis für das überbordende Defizit und die Folgekosten unrentabler Riesenprojekte bezahlen. Das Filmfest von Valencia wird nur mehr im Zweijahres-Rhythmus veranstaltet.
Im Norden des Landes, in Asturien, wurde ein vor knapp zehn Monaten eröffnetes Kunstzentrum, das Brasiliens Architektenlegende Oscar Niemeyer der Hafenstadt Avilés zum Geschenk gemacht hatte, über Nacht geschlossen. Es fehlen die Mittel, um den Betrieb des Kunstzentrums Niemeyer aufrecht zu erhalten.
Ihr 50. Bühnenjubiläum feierte Montserrat Caballé im vergangenen Monat in der Oper von Barcelona: Das Liceu weist dennoch eine beunruhigende Bilanz aus. Das aus Zuschüssen des Madrider Kulturministeriums und der katalanischen Regionalregierung finanzierte Opernhaus hat ein Defizit von mehreren Millionen Euro. In den nächsten Monaten werden 27 Vorstellungen ausfallen, Abonnenten werden entschädigt. Die 395 Angestellten des Liceu werden unbezahlten Urlaub nehmen müssen.
Im trauten Heim
Luciana Pereyra Agoff ist eine Performancekünstlerin, die bei Theater-Festivals Collagen aus Musik, Text und Tanz präsentiert. Seit zwei Jahren verzeichnet die gebürtige Argentinierin einen Rückgang bei den Festival-Einladungen: "Uns trifft die Krise durch den Ausfall vieler Festivals und die Streichung von Subventionen."
Die Antwort von Luciana Pereyra auf immer weniger bezahlte Auftritte: Sie organisiert Performances im eigenen Heim. Der Rückzug ins Private wird von geladenen Gästen, die sich die Vorführungen im kleinen Kreis etwas kosten lassen, finanziert. "Die Kultur wird zuerst beschnitten", sagt Agoff. "In Spanien wird bei der Kultur, der Erziehung und dem Gesundheitswesen gespart, also bei grundsätzlichen Dingen. Die Kultur wird immer noch als Nebensache angesehen."
Besucherzuwächse bei großen Museen
Eines der großen Museen Madrids, das vom deutschen Stahlbaron gestiftete Thyssen-Bornemisza, begeht heuer den 20. Geburtstag. Auch dieses Jahr steht im Zeichen gekürzter Budgets und abgesprungener Mäzene. Guillermo Solana ist der Direktor des Museums, er sagt: "Die Gehälter wurden bereits gekürzt. Jetzt sparen wir auch bei Ausstellungsstücken und transportieren sie nicht von weit her, um unsere Mittel nicht über Gebühr zu belasten."
Trotz des Sparkurses verzeichnen die großen Museen Besucherzuwächse. Sowohl im Prado, als auch im Thyssen ist man mit den Einnahmen aus dem Kartenverkauf zufrieden. Mit einer Million zahlenden Besuchern und Sponsorverträgen bestreitet das Thyssen rund 80 Prozent der Ausgaben. "Es gab Jahre des Überflusses, in denen Kunstzentren vielleicht allzu leichtfertig errichtet wurden", meint Guillermo Solana. "Jetzt ist es Zeit, sich die Zweckmäßigkeit solcher Einrichtungen zu überlegen."