"Vetriebenes Recht - Vertreibendes Recht"

Rechtswissenschaften im Nationalsozialismus

Die Rechtswissenschaften wurden zwischen 1938 und 1945 deutlich von der Nazi-Ideologie geprägt. Das zeigt ein soeben erschienener Sammelband mit neuen Forschungsergebnissen zur Geschichte der Rechtswissenschaften in der NS-Zeit.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich wurden zwei Drittel der Rechtsanwälte und ebenso viele Lehrende des Wiener Juridicums aus politischen oder rassenideologischen Gründen mit einem Berufsverbot belegt. Viele mussten das Land verlassen bzw. wurden deportiert.

Sofort nach dem "Anschluss" Österreichs an Nazi-Deutschland im März 1938 kommt es zu einer völligen Umordnung des Rechtssystems. Wichtige juristische Prämissen, darunter die Verfahrensgerechtigkeit, werden aufgegeben - in Fächer bzw. Lehrinhalte der Wiener Rechtswissenschaften eingegriffen.

Ein Beispiel dafür ist die Forderung der Nationalsozialisten nach der Abschaffung des Römischen Rechts, das als "fremdartig" begriffen wurde, sagt der Mit-Herausgeber des Sammelbandes, Franz Stefan Meissel vom Institut für Römisches Recht der Universität Wien.

Der Sammelband beleuchtet auch das Leben und Wirken wichtiger Rechtsgelehrter aus jener Zeit. Sowohl jener, die zwischen 1938 und 1945 Karriere machten, als auch jener, die zu Opfern des neuen Regimes wurden. Dazu zählte auch der Wiener Rechtshistoriker Stephan Brasslow - der im "Konzentrationslager Theresienstadt" ermordet worden ist.

Service

Franz-Stefan Meissel, Thomas Olechowski, Ilse Reiter-Zatloukal und Stefan Schima, "Vetriebenes Recht - Vertreibendes Recht", Wiener Manz-Verlag