Angelina Jolies Regiedebüt
Das erste Berlinale-Wochenende
Großer Starrummel auf dem Roten Teppich und Hass und Gewalt auf der Kinoleinwand. So lässt sich in Kürze das erste Berlinale-Wochenende zusammenfassen. Angelina Jolie und Brad Pitt sorgten für nicht enden wollende Blitzlichtgewitter, der Bosnienkrieg und ein authentischer Entführungsfall durch islamistische Terroristen gaben die Hintergründe für die Filme ab.
8. April 2017, 21:58
Am Samstag, 11. Februar 2012, fand die feierliche Premiere von Angelina Jolies erster Regiearbeit "In the Land of Blood and Honey" statt. Das Liebesdrama zwischen einem serbischen Soldaten und einer bosnischen Künstlerin zeigt den Ausbruch des Krieges und die anschließenden Gewaltorgien.
Ausgangspunkt für ihren Film, so erzählte Angelina Jolie im Anschluss an die Vorstellung, war eine für sie schmerzhafte Begegnung: "Ich traf eine Frau, die mir erzählte, wie sie als lebendes Schutzschild verwendet worden war, und auch über alte Frauen, die man gezwungen hatte, nackt für die Soldaten zu tanzen. Sie war völlig gebrochen und ich wollte dieser Frau unbedingt eine Stimme verleihen."
Jolie erzählt ihre Geschichte in brutalen Bildern, das Geschehen ist stark vereinfacht und überaus plakativ dargestellt. Der Film soll in erster Linie daran erinnern, so Jolie, dass ein früheres internationales Eingreifen viel Gewalt hätte verhindern können. Aus dem Publikum wurde daraufhin das Thema Syrien auf den Tisch gebracht.
Dokumentation einer Geiselnahme
An realen Gegebenheiten orientierte sich auch der philippinische Wettbewerbsbeitrag "Captive". 2001 hatten islamistische Abu-Sayyaf-Rebellen eine Touristengruppe entführt und in den Dschungel verschleppt. Der Film folgt der mehr als ein Jahr dauernden Flucht der Entführer mit ihren Geiseln.
Regisseur Brillante Mendoza ging es um eine wahrhafte Darstellung der damaligen Ereignisse: "Ich war an den Originalschauplätzen dieser Entführung und führte Interviews mit den Überlebenden, mit den Geiseln ebenso wie mit den Entführern. Und ich sprach auch mit den Soldaten, die damals an der Verfolgung der Gruppe beteiligt waren. Ich kannte also die verschiedenen Perspektiven."
Mendoza sorgte auch für eine authentische Atmosphäre am Set. Es gab kein Drehbuch, die Dreharbeiten fanden tatsächlich mitten im Dschungel statt und neben professionellen Schauspielern kamen auch Laien zum Einsatz. Seine Hauptdarstellerin Isabelle Huppert, so erzählte Mendoza, habe ihn einmal gefragt, ob die Terroristen auch bestimmt nicht echt seien.
Generalthema: Gefangen
Jemand hat gemeint, das große Thema der heurigen Berlinale sei das Gefangen-sein. Tatsächlich finden sich auf der Leinwand auffällig viele Lagerinsassen, Geiseln und Entführungsopfer.
Eine Gefangene der besonderen Art ist die Ich-Erzählerin in "Die Wand". Der Österreicher Julian Pölsler hat Marlen Haushofers Roman mit Martina Gedeck in der Hauptrolle verfilmt und in der Reihe "Panorama" präsentiert.
Der Roman, der Monolog einer Frau, die auf einer einsamen Jagdhütte plötzlich durch eine geheimnisvolle Wand von der Außenwelt abgeschnitten wird, galt eigentlich als unverfilmbar. Regisseur Julian Pölsler: "Man hat ja nicht viele Filme, wo nur eine Frau ist und sonst nur Natur und Tiere und die Frau über 108 Minuten keinen wirklichen Dialog führt. Der einzige Dialog ist ein stiller mit sich selbst und mit den Tieren."
Die Rechnung geht auf. Mit Gedecks intensivem Spiel und ihrer Stimme, die den richtigen Ton trifft, kann der Text seine ganze Sogwirkung entfalten. Eine Literaturverfilmung, die viel riskiert und viele Sympathien beim Publikum gewonnen hat.