OLAF-Chef im Interview

Korruption: Wie anfällig ist die EU?

Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) hat viel zu tun. Nicht nur verschwundene Millionen bei Fördergeldern beschäftigen die Brüsseler Fahnder, sondern auch Europaabgeordnete, die wegen Korruptionsverdacht ins Visier der Justiz geraten sind. OLAF-Chef Giovanni Kessler bestreitet, dass die EU anfälliger für Korruption und Misswirtschaft ist als die Nationalstaaten.

Morgenjournal, 9.3.2012

Mehr Kontrolle in EU?

Seit zehn Jahren geht das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung OLAF kriminellen Geldflüssen in der Europäischen Union nach. 200 Millionen entschwundene Millionen holen seine Mitarbeiter jedes Jahr wieder zurück, freut sich OLAF-Chef Giovanni Kessler in der ORF III-Sendung "Inside Brüssel". Die weitverbreitete Meinung, in der EU gebe es mehr Korruption als in den Nationalstaaten, werde durch die Fakten nicht erhärtet, sagt Kessler. Im Gegenteil würden die Beamten der Europäischen Kommission vielleicht mehr kontrolliert als die nationalen Beamten.

Strasser-Ermittlungen gehen weiter

Die Ermittlungen gegen den ehemaligen ÖVP-Delegationsleiter Ernst Strasser wegen Korruption würden rasch abgeschlossen sein, so Kessler. Aber nach wie vor hätten die OLAF-Beamten kein grünes Licht für eine Hausdurchsuchung in Strassers Büro in Brüssel. Man habe ein gute Kooperation mit den Justizbehörden in Wien und werde die Ermittlungen in "einigen Wochen" abschließen. Strassers Büro in Brüssel ist nach wie vor versiegelt. Der Parlamentspräsident will im Fall Strasser aus prinzipiellen Gründen keine polizeilichen Ermittler auf parlamentarischem Terrain zulassen.

Rat zu Transparenz

Angesichts der gegenwärtigen Diskussion um Korruption und Bestechungen in der Politik rät der oberste Korruptionsjäger der EU zu völliger Transparenz bei der Parteienfinanzierung, um Misstrauen gegenüber den demokratischen Institutionen zu begegnen.