Spaß an Prostitution

Das bessere Leben

In Frankreich gibt es immer mehr Studentinnen, die sich als Nobelprostituierte ihr Leben finanzieren. Dieses soziale Phänomen greift jetzt das polnisch-französische Film-Drama "Das bessere Leben" auf. Eine Journalistin, dargestellt von Juliette Binoche, recherchiert im Milieu dieser jungen Frauen und stößt dabei auf einige Überraschungen.

Mittagsjournal, 05.04.2012

Die Geschichte über die Pariser Studentinnen, erzählt die polnische Regisseurin Malgoska Szumowska, sei ihr von einer französischen Produzentin angeboten worden. Schon nach den ersten Gesprächen mit diesen sich freiwillig prostituierenden jungen Frauen wusste sie aber, dass sie ihr Thema gefunden hatte: "Ich war ganz schön schockiert, wie offen und frei diese Frauen über Sexualität gesprochen haben. Ich hatte erwartet, dass sie mit irgendwelchen Entschuldigungen daherkommen würden: Dass sie kein Geld hätten und deshalb dazu gezwungen seien, sich zu prostituieren, und dass sie ihre Arbeit natürlich anwidere. Die sagten mir aber ganz unverblümt, dass ihnen ihr Job gefalle. Eine der Frauen hat ihren letzten Kunden sogar geheiratet."

Die Überraschungen, die sie erlebt hat, hat Regisseurin Malgoska Szumowska realgetreu in ihr Sozialdrama "Das bessere Leben" eingebaut. Hier ist es die Journalistin eines Hochglanzmagazins, dargestellt von Juliette Binoche, die über Wochen hinweg in die Welt zweier junger Frauen eintaucht. Diese beiden, eine Polin und eine Französin, erzählen bereitwillig über ihr Doppelleben.

Keine Opfer

Es ist also nicht die herkömmliche Opferrolle, in der diese Prostituierten gezeigt werden. Diese Frauen verfügen ganz selbstbewusst über ihren Körper und gestehen sich darüber hinaus auch zu, bei ihrer Arbeit Lust zu empfinden - was die gutbürgerliche Journalistin, der in ihrem Alltag, eingeklemmt zwischen Arbeit und familiären Verpflichtungen, jede Erotik abhanden gekommen ist, nachhaltig verstört.

"Sie versucht sich vorzustellen, was sich da zwischen den Frauen und ihren Kunden abspielt", so Malgoska Szumowska. "Doch obwohl sie sich diese Dinge sehr realistisch und unverblümt ausmalt, ist sie davon doch auch erregt. Genau dasselbe Gefühl wollte ich auch beim Publikum hervorrufen. Das Publikum sollte erregt sein und sich danach für seine Erregung schämen."

Das zu betulich geratene Nachdenken der gutbürgerlichen Journalistin verbleibt zwar im Herkömmlichen, dafür ist der Film hervorragend, wo er fast dokumentarisch das Leben der jungen Studentinnen und ihre Gedankenwelt zeigt, und zwar ohne dabei die Moralkeule zu schwingen. Da zeigt "Das bessere Leben" sein provokantes und aufwühlendes Potenzial. Denn wenn junge Frauen ihre Körper verwalten wie gewiefte Manager ihre Unternehmen, dann folgen sie damit doch letztlich den Forderungen unserer auf Ehrgeiz und Effizienz ausgerichteten Konsumgesellschaft.

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Thimfilm - Das bessere Leben