"Lost in Yonkers"

Theater der Jugend spielt Neil Simon

Neil Simon gilt als einer der populärsten Dramatiker der USA - und auch hierzulande standen in den letzten Jahren viele seiner Boulevardstücke auf den Spielplänen - etwa "Roses Geheimnis", "Sonny Boys", "Sweet Charity" oder "Barfuß im Park". Jetzt setzt auch das Theater der Jugend auf den Autor und zeigt sein Stück "Lost in Yonkers - eine ganz normale Familie".

Das Stück ist aus dem Jahr 1991, Neil Simon ist dafür mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet worden. Premiere ist am Dienstag, 17. April 2012 im Renaissance-Theater in Wien. Das Stück ist für Jugendliche ab 13 Jahre geeignet. Theater-der-Jugend-Leiter Thomas Birkmeier inszeniert höchstpersönlich.

Kulturjournal, 17.04.2012

Ganz normal ist diese Familie auf keinen Fall, auch wenn der Untertitel das suggeriert. Da ist zuallererst einmal ein Monster von Großmutter, das die Enkel tyrannisiert, sie zum Senfsuppen-Essen zwingt und sie des Diebstahls beschuldigt. Ein mafiöser Onkel, eine geistig zurückgebliebene und eine asthmatisch-hysterische Tante, und ein schwer verschuldeter Vater. Die zwei Brüder, 13 und 15 Jahre alt, haben es nicht leicht in Yonkers.

Keine heile Welt

Das Stück spielt im Jahr 1942 und während das ferne Europa von Holocaust, Nationalsozialismus und Krieg erschüttert wird, streift Neil Simon diese Thematik nur am Rande: Die Großmutter hat zwar deutsch-jüdische Wurzeln, ist allerdings schon vor dem Ersten Weltkrieg in die USA gekommen - ihre Härte lässt sich nicht mit den Gräueln der Nationalsozialisten erklären.

Die Inszenierung passt Neil Simons boulvardeskes Happy-End etwas mehr der Realität an. So bricht man mit der Erwartungshaltung des Zuschauers, dass aus dem Drachen eine liebende Oma werde. Eine heile Welt vorzugaukeln, entspräche nicht dem Auftrag des Theaters der Jugend, so Regisseur Thomas Birkmeir. Und man mutet den Kindern der Generation Patchwork auch zu, eine Familie zu sehen, die nicht nur Hort der Liebe und Geborgenheit ist.

Auf Erfolgskurs

Das Theater der Jugend befindet sich seit sieben Jahren auf permanentem Erfolgskurs. Jedes Jahr kann man die Besucherzahlen steigern, man hat 45.000 Abonnenten und eine Auslastung von 93 Prozent. Dem gegenüber steht eine seit Jahren gleich bleibende Subvention, die dazu zwingt, die Eigenproduktionen zurückzufahren - auch wenn die Medien das Theater stärker wahrnehmen und die letzten Stücke, wie "Chatroom" oder "Die Schneekönigin" hervorragende Kritiken hatten.

Birkmeier selbst, der in der kommenden Saison sein zehnjähriges Direktionsjubliäum feiert, unternimmt immer wieder Ausflüge ins Erwachsenentheater und auch die Stücke, die er im Theater der Jugend ansetzt, sind durchaus für Erwachsene geeignet. "Lost in Yonkers" gehört auf alle Fälle dazu.

Textfassung: Ruth Halle