Reportagen für "Reportagen"

Sibylle Berg als Journalistin

Sibylle Berg war bereits eine etablierte Autorin, trotzdem stellte ihr erster Versuch in der Erzählform der Reportage eine Herausforderung für sie dar. Eine intensive Recherche brachte sie an ihre physischen und psychischen Grenzen: Kreuz und quer fuhr sie durch Polen, um einen Serienmörder in der Haft und die Familien seiner Opfer zu treffen.

"Dann saß ich zu Hause und wusste nicht, warum soll ich das aufschreiben?", erinnert sich Berg. "Warum soll ich die Leute befriedigen in ihrer Gier nach Metzel-Geschichten?" Zuletzt dachte sie: "Ok, Ihr wollt solche Geschichten, dann nehme ich Euch mit."

Das richtige Mittelmaß

Auch wenn Reportagen durchaus nicht immer von solch blutrünstigen Themen handeln, geben sie sich gern als eindringliche Berichte mitten aus dem Geschehen - mehr Realität, weniger journalistische Distanz. "Du kannst nie die allgemeingültige Wahrheit verkünden", meint Berg, "Reportagen sind meistens Unterhaltung, und als solche sollten sie gekennzeichnet werden."

Dieser Art von Unterhaltung widmet sich das Schweizer Magazin "Reportagen". Der Name ist Programm und Sibylle Berg eine der Autorinnen.

Das richtige Mittelmaß beschäftigt auch Reportage-Chefredakteur Daniel Puntas Bernet. Er lehne Texte ab, wenn er das Gefühl hat, "der Autor nehme sich zu wichtig", sagt Puntas Bernet. Das spüre man intuitiv beim Lesen, "da hat der Journalist die Aufgabe nicht richtig gelöst".

Aus dem "Kibbutz der Kauze"

Hilft Sybille Berg ihr etablierter Name, sich zurück zu nehmen? "Es gibt ganz viele gegenläufige Beweise - ich denke gerade an Grass -, wo Menschen sich in zunehmendem Maße immer wichtiger nehmen. Ich will nicht sagen, dass ich mich nicht wichtig nehme, aber ich versuche, das zu relativieren."

Zwar fällt es ihr heute viel leichter, sich von ihren Themen abzugrenzen als bei ihrer ersten Reportage, dass das Schreiben aber mit der Routine einfacher wird, kann Sibylle Berg nicht behaupten. Für die dritte Ausgabe des Reportage-Magazin schilderte sie Eindrücke aus dem "Kibbutz der Kauze".

"Mir ging es darum zu zeigen, es leben ganz normale verrückte Menschen in Israel, es findet ein ganz normales Leben statt." Sibylle Berg ist durch den Norden Israels gereist, "durch komische Kibbuzte" und sie habe "komische Schamanen" getroffen. Sie wollte abseits des ganzen "Militär-Scheiß" sehen, "was ist da noch an normalem Leben vorhanden?"

So der Inhalt von Bergs erster Reportage. Die nächste werde über eine Costa-Kreuzfahrt sein, erzählt sie, "weil ich verstehen wollte, warum tun Menschen das freiwillig?" Bergs simple Erkenntnis: "Weil sie blöd sind."

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