Inszeniert von Regie-Jungstar Nurkan Erpulat
Gorkis "Kinder der Sonne" am Volkstheater
Das Stück "Kinder der Sonne" wurde in den letzten Jahren verstärkt aufgeführt, zuletzt sorgten eine preisgekrönte Inszenierung von Stephan Kimmig in Berlin und eine umstrittene Luc-Perceval-Inszenierung in Hamburg für Aufsehen. Im Volkstheater wird der türkischstämmige Regisseur Nurkan Erpulat inszenieren.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 25.04.2012
Es ist das erste Mal, dass Nurkan Erpulat für ein Theater dieser Größenordnung arbeitet. Seine Wirkungsstätte waren bisher Kellerbühnen, Kammerspiele oder das Ballhaus Naunynstraße in Berlin, das von der zukünftigen Festwochen-Intendantin Shermin Langhoff geleitet wird. Hier wurde er mit seinem Stück "Verrücktes Blut" im Jahr 2011 zum Star des postmigrantischen Theaters. Es war, als hätte man auf den erfolgreichen Vorzeige-Türken gewartet. Und dabei übersehen, dass seine Themen weit über den migrantischen Kontext hinausreichen und er sich mit Shakespeare genauso beschäftige.
Aktuell wie nie
Maxim Gorki hat "Kinder der Sonne" 1905 im Gefängnis in Petersburg geschrieben, wo er wegen Teilnahme an Protesten in Arrest gehalten wurde. Auf die friedlich demonstrierenden Arbeiter wurde geschossen - der Auftakt für die erste russische Revolution. Ein Stück aktuell wie nie, das von sozialen und kulturellen Konflikten handelt und von einer Gesellschaft, die unfähig ist, eine wirklich neue Welt zu schaffen.
Die Kinder der Sonne - das ist jene privilegierte und gebildete Elite, die sich rund um den Biochemiker Protassow aufhält, theoretisch und schwärmerisch die Zukunft abhandelt und übersieht, dass die Zukunft schon da ist, dass sich das einfache Volk bereits auf den Straßen zusammenrottet und für diese Zukunft zu kämpfen bereit ist.
Mit viel Augenzwinkern
Erpulat erzählt das Drama der sozialen Ungleichheit nach Brecht'scher Lehrstückmanier und mit viel Augenzwinkern. Das Volk steht bei ihm nicht draußen vor der Tür, sondern ist durch die Bühnenarbeiter ständig auf der Bühne präsent und sichtbar. Sie halten die Kronleuchter an Seilzügen oder stemmen die beinlosen Tische, an denen die Schauspieler-Elite tafelt. Wenn sie aber Pause machen, kommt das einem Generalstreik gleich und das Spiel zum erliegen.
Nurkan Erpulat ist durch die Schule der kleinen Theater gegangen, hat gelernt, klug zu streichen, auf Tempo zu setzen und dem Text zu vertrauen. Und dass dieser gar keine großen Umschreibungen notwendig hat, um brisant und heutig zu wirken, das wird seine Inszenierung am Wiener Volkstheater unter Beweis stellen. Premiere ist am Freitag, 27. April 2012.
Textfassung: Ruth Halle
Service
Ö1 Club-Mitglieder bekommen im Volkstheater ermäßigten Eintritt (zehn Prozent)
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