Trotz Warnung vor Missbrauch als Biowaffe

Tödliches Virenrezept veröffentlicht

Das Vogelgrippe-Virus ist seit 1997 bekannt man es, in Ostasien sind Millionen Vögel daran gestorben und bis jetzt etwa 340 Menschen. Noch ist es nur von Vogel auf Mensch übertragbar und nicht von Mensch zu Mensch. Doch Wissenschaftler haben ein genmanipuliertes Vogelgrippevirus produziert. Und nun wird das riskante Virenrezept im renommierten britischen Wissenschaftsmagazin "Nature" publiziert.

Mittagsjournal, 3.5.2012

Biowaffengefahr

Der amerikanische wissenschaftliche Beirat für Biotechnologie (NSABB) war strikt dagegen. Man dürfe die Rezeptur für das neue Labor-Vogelgrippevirus nie veröffentlichen. Zu groß sei die Gefahr, dass Terroristen daraus eine Biowaffe basteln könnten. Denn Fakt ist, dass dieses neue, von menschlicher Hand geschaffene H5N1-Virus von Säugetier zu Säugetier überspringen kann. Getestet wurde die Übertragbarkeit an Frettchen, also kleinen Nagetieren, deren Lungensystem dem der Menschen ähnelt.

Rätsel Grippevirus

Für die Wissenschaftler ist die künstliche Mutation des Vogelgrippevirus ein Erfolg. Sie begründen ihre Forschung damit, dass sie die Mechanismen der Grippevirenübertragung zwischen Vögeln, Schweinen und Menschen einfach besser verstehen wollen. Denn nach wie vor stellten die unterschiedlichen Grippeviren die Wissenschaft vor große Rätsel. Viren mutierten ständig, wann und wie sie wollen, heißt es, und könnten so jederzeit ohne menschliches Zutun eine Pandemie auslösen. Daher mache es Sinn, sie besser verstehen zu wollen.

"Nutzen für die Menschheit"

Das Wissenschaftsmagazin Nature begründet die Publikation also mit dem Nutzen für die Menschheit und beruft sich dabei auf eine Institution außerhalb der USA, die nicht genannt wird. In der Erklärung heißt es weiter: Die Veröffentlichung der Erkenntnisse des Forscherteams rund um Yoshihiro Kawaoka von der Universität von Wisconsin könne dazu beitragen Gegenmittel zu entwickeln.

Forscher warnt selbst

Ist der Nutzen also wirklich so groß? Kritiker verneinen. Das Risiko, dass es missbräuchlich verwendet werden könne, überwiege. Selbst der niederländische Virenforscher Ron Fouchier, der wie Kawaoka zeitgleich ein verändertes H5N1-Virus im Labor hergestellt hat, warnt indirekt vor seiner Forschung. Es gibt keinen Zweifel, sagt er, dass die veröffentlichte Virusrezeptur von einem Aggressor benutzt werden könnte. Sie zeigt einen Baustein für die Entwicklung einer potentiellen Biowaffe auf, so etwas habe es noch nie gegeben. Trotz dieser kritischen Sicht wird auch er seine Arbeit demnächst im US-Wissenschaftsmagazin Science veröffentlichen wollen oder müssen, wenn es der wissenschaftliche Beirat des Magazins befürwortet.