Stichwahl um Präsidentenamt
Opposition gewann Parlamentswahl in Serbien
Bei der Parlamentswahl in Serbien hat die Serbische Fortschrittspartei nach bisherigen Angaben die Stimmenmehrheit erhalten. Die Fortschrittspartei von Tomislav Nikolic liegt knapp vor der Demokratischen Partei von Präsidenten Boris Tadic. Die gleichzeitig abgehaltene Präsidentenwahl lief auf eine Stichwahl hinaus. Amtsinhaber Tadic tritt am 20. Mai gegen Nikolic an.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 7.5.2012
Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz
Sozialisten als Königsmacher
Das Ergebnis der Präsidenten- und Parlamentswahlen in Serbien ist überraschend. Denn die beiden großen Blöcke, die Demokratische Partei von Präsident Boris Tadic und die Fortschrittspartei von Tomislav Nikolic schnitten deutlich schlechter ab als von ihnen erhofft und als vorhergesagt. Gleiches gilt für das Abschneiden von Tadic und Nikolic bei der Präsidentenwahl. Beide liegen Kopf an Kopf bei etwa 25 Prozent, und die Entscheidung über das Präsidentenamt wird erst in einer Stichwahl in zwei Wochen fallen. Eigentlicher Sieger der Wahl sind die ehemaligen Milosevic-Sozialisten, die nun die Rolle des politischen Königsmachers spielen werden.
Vom Wähler abgestraft
Bei der Parlamentswahl in Serbien erreichte die DS von Präsident Boris Tadic 22,5 Prozent oder 68 Mandate. Gegenüber der Wahl vor vier Jahren büßte sie deutlich Stimmen ein. Klar hinter den Umfragen zurück blieb die SNS von Tomislav Nikolic; mit 24 Prozent und 73 Mandaten ist sie aber die stärkste Kraft im Parlament, das 250 Sitze zählt. Beide Parteien wurden vom Wähler für ihre Schmutzkübelkampagne abgestraft; außerdem lag die Wahlbeteiligung bei nur 58 Prozent und fast fünf Prozent der Stimmen waren ungültig. Eigentlicher Sieger sind die Sozialisten unter Innenminister Ivica Dacic. Er gewann 44 Sitze und konnte seine Mandate mehr als verdoppeln. Bei der Präsidentenwahl erreichte Dacic 14 Prozent, während Nikolic und Tadic bei etwa 25 Prozent liegen. Dacics Wähler werden den Ausschlag bei der Stichwahl geben und ohne Dacic kann keine Regierung gebildet werden, weil eine große Koalition praktisch ausgeschlossen ist.
Koalition inklusive Liberale?
Noch in der Wahlnacht erhob Ivica Dacic den Anspruch auf das Amt des Regierungschefs: "Ich bin sicher, dass sie sich mehr anstrengen müssen, um mit uns eine Vereinbarungen zu erzielen. Um aufrichtig zu sein: Vielleicht weiß man in Serbien nicht, wer Präsident wird, doch ich denke, dass man genau weiß, wer Regierungschef sein wird." Dacic will zuerst mit Tadic verhandeln, mit dem er seit vier Jahren eine Koalition bildet. Wahrscheinlich ist eine Koalition zwischen den beiden und den Liberalen, die im Parlament eine klare Mehrheit hätte. Offiziell werden die Verhandlungen wohl erst nach der Stichwahl beginnen, obwohl davor inoffizielle Absprachen sehr wahrscheinlich sind.