Ausgezeichnet, aber wenig Publikum

Der österreichische Film

Michael Haneke hat in Cannes bereits zum zweiten Mal die Goldene Palme gewonnen, sein vom ORF koproduzierter Siegerfilm "Amour" ist jedoch hauptsächlich mit französischen Geldern entstanden. Was bedeutet das jetzt zum einen für die Oscar-Einreichung und was sagt das zum anderen über die Situation des österreichischen Films aus?

Mittagsjournal, 29.05.2012

Als Gemeinschaftsproduktion ist Michael Hanekes "Amour" entstanden. Mit 70 Prozent haben die Franzosen den Großteil der Kosten getragen, Deutschland steuerte 20 Prozent bei, von österreichischer Seite kamen gerade einmal 10 Prozent. Veit Heiduschka, Michael Hanekes österreichischer Produzent, erklärt, es sei nach dem multilateralen Abkommen eine Gemeinschaftsproduktion, das heißt der Film gilt in Frankreich als französischer Film, in Deutschland als deutscher Film und in Österreich als österreichischer Film. Der Film "galt aber in Cannes aufgrund des Regisseurs und Autors als österreichischer Beitrag".

Und auch was die Einreichung für die Auslandsoscars betrifft, gilt "Amour" als österreichischer Film. Eine von den Fachverbänden gestellte Kommission muss allerdings noch entscheiden, ob "Amour" Österreichs Kandidat in Los Angeles sein soll, woran nach dem Erfolg in Cannes aber wohl kein Weg vorbeiführen wird.

Regierung bleibt Förderung schuldig

Ob sich dieser Erfolg auch auf die österreichische Filmförderung auswirken wird, ist dabei eher fraglich. Hanekes Palmengewinn mit "Das Weiße Band" hat sich jedenfalls nicht positiv niedergeschlagen. "Im Rahmen des Sparpaketes ist das einzige Positive, dass die Filmförderung nicht gekürzt wurde", meint Veit Heiduschka. Wenn man aber die Geldentwertung hernehme, habe die Filmproduktion de facto 15 bis 20 Prozent weniger zur Verfügung.

Und Veit Heiduschka fügt hinzu: "Die Regierungserklärung hat festgelegt, dass 20 Millionen (Anm.: Euro) an das Österreichische Filminstitut gehen, und das ist bis heute nicht geschehen."

Bei der Einreichung von "Amour" hatte man deshalb schon ein skurriles Szenario angedacht. Da habe die Kommission schon überlegt, "ob man uns das Geld gibt oder nicht - mit dem Hintergedanken, wenn man es uns nicht gibt, gibt es vielleicht einen Skandal und bewirkt, dass man vielleicht darüber nachdenkt, ob die Filmförderung mehr Geld bekommt", so Heiduschka.

Es fehlen aber nicht nur die Gelder. Für einige Missstimmung, erzählt Veit Heiduschka weiter, hat auch die Abwesenheit der österreichischen Politik bei der Preisverleihung in Cannes gesorgt. Es habe nicht gut ausgeschaut, dass die österreichische Politik in Cannes nicht vertreten war und Michael Haneke selbst fand es "peinlich".

Preise garantieren keine Zuschauer

Nicht nur bei den Politikern, auch beim heimischen Kinopublikum steht der österreichische Film nicht hoch im Kurs. So beträgt der Marktanteil der heimischen Filme derzeit nur bei 3,9 Prozent. Filme wie Markus Schleinzers Drama "Michael", der immerhin auch im Wettbewerb von Cannes stand, kam hierzulande gerade auf 6.000 Besucher.

"Wir hatten beim 'Weißen Band' 125.000 Zuschauer, allerdings 'Ein echter Wiener geht nicht unter' hatte über 400.000, also: Ausgezeichneter Film heißt nicht immer, das eigene Publikum zu erreichen", sagt Veit Heiduschka.

Gerlinde Seitner vom Filmfond Wien hat zuletzt angedacht, vermehrt publikumswirksame Produktionen zu unterstützen. Stellt sich nur die Frage, wie sich der österreichische Film bei diesem Szenario in Zukunft bei Wettbewerben schlagen wird. Dass der Mundl nach Cannes eingeladen wird, lässt sich bei dessen filmischen Umgangsformen ja eher ausschließen.

Textfassung: Ruth Halle