Norbert Darabos im Journal zu Gast

"Der Panzerkrieg im Marchfeld ist passé"

Derzeit liegen die Pläne zur Einführung eines Berufsheeres auf Eis, doch Verteidigungsminister Darabos (SPÖ) hofft auf eine Entscheidung noch vor den Wahlen 2013. Über Reformpläne und Einsparungspotenziale beim österreischichen Bundesheer und seine Kritik an Israel spricht er im Ö1-Interview.

Mittagsjournal 2.6.2012

Verteidigunsminister Norbert Darabos im Journal zu Gast bei Klaus Webhofer

Kritik an Israel

Zuletzt machte Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) weniger mit Bundesheerangelegenheiten von sich reden, als mit Israel-Kritik. Darabos rügte das Land wegen den Angriffsdrohungen gegen den Iran. Jerusalem warf er vor, damit von inneren sozialen Problemen ablenken zu wollen. Zudem nannte er den rechten israelischen Außenminister Avigdor Lieberman "unerträglich". Er sei überrasch über die Reaktion auf sein Israel-Interview, sagt Verteidigunsminister Norbert Darabos im Ö1-Interview. Zurücknehmen will Darabos davon kein Wort. Auch sehe er kein Problem darin, sich als österreichischer Verteidigungsminister zum Atomwaffenprogramm des Iran zu äußern. Er sei klar gegen einen Waffeneinsatz im Iran, auch wenn die Politik des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad "relativ schlimm" sei. Dennoch könne er ebenso israelische Politik kritisieren, meint Darabos.

Darabos streicht Kriegsverbrecher aus Totenbuch

Kriegsverbrecher, wie den Vorarlberger Josef Vallaster, wolle er gleich selber aus den Gedenkbüchern der Kryta am Heldenplatz streichen, sagt Norbert Darabos. Er werde das Totenbuch nicht nur selbst zur Hand nehmen, sondern als erster Minister gleich eigenhändign Namen von NS-Kriegsverbrechen löschen, so der Verteidigungsminister. Der derzeitige Zustand ist laut Darabos unerträglich. Deswegen werden die Bücher sowohl dem Kriegsverbrecherarchiv als auch dem schwarzen Kreuz zur Kontrolle übergeben werden. Es soll auch ein Denkmal für Desserteure der Wehrmacht errichtet werden. Allerdings nicht am Wiener Heldenplatz, sagt Darabos. Sollte es eine Mehrheit für den Standort Heldenplatz geben, könne man aber durchaus darüber diskutieren, so der Verteidigungsminister.

Entscheidung für Berufsheer noch vor 2013

Die seit langem offene Frage über die Einführung eines Berufsheeres liegt derzeit auf Eis. Norbert Darabos spricht sich für eine Volksbefragung zum diesem Thema aus. Die ÖVP legt sich allerdings quer. 21 von 27 EU-Staaten haben mittlerweile ein Berufsheer eingeführt, für Darabos sei das nach wie vor auch ein Ziel für Österreich. Er wünscht sich eine Entscheidung noch vor der nächsten Nationalratswahl 2013.

Kritik an Struktur des Bundesheeres

Unterdessen geht die Kritik an der derzeitigen Struktur des Bundesheers weiter. Der Rechnungshof kritisierte kürzlich, dass 2000 Personen dort keine sinnvolle Beschäftigung hätten und die Zahl der Offiziere nicht sinke sondern steige. Laut Rechnungshof seien im Jahr 2011 66 Millionen Euro für unnötiges Personal ausgegeben worden. Die Bundesheerreform 2010 sieht Darabos deswegen aber nicht als gescheitert an. Zwar räumt der Minister ein, dass sogenanntes Überstandspersonal keinen zugewiesenen Arbeitsplatz habe, allerdings sei dies nur eine Erscheinung des Überganges der Reform. Bis zum Jahr 2016 sollen laut Darabos beim Bundesheer 2000 Stellen, vor allem in der Verwaltung, abgebaut werden.

Cyberkriminalität statt Panzerkrieg

Eine Schärfung und Umgestaltung der Aufgaben sei jetzt oberstes Ziel der Reformen, sagt Darabos. "Der Panzerkrieg im Marchfeld ist passé. Wir sind angewiesen Cyberkriminalität besser bekämpfen zu können und Terrorismusbekämpfung ins Auge zu fassen," so der Verteidigungsminister. Bisher sei die Anzahl der Panzer um zwei Drittel reduziert worden und dafür Kleindrohnen zur Überwachung bei österreichischen In- und Auslandseinsätzen angeschafft worden, sagt Darabos.

Bundesheer unter Spardruck

Ohne die Rate zur Bezahlung der Eurofighter und den Bereich Sport, liegt das Budget des Bundesheeres heuer bei 1,8 Milliarden Euro. Während seiner Amtszeit seien 2,5 Milliarden Euro in Investitionen für das Bundesheer und 420 Millionen in Infrastrukturprojekte geflossen, sagt Darabos. Und auch jetzt ist das Bundesheer laut Darabos durchaus in der Lage Investitionen zu tätigen, denn im Vergleich zu einigen Nachbarstaaten verfüge das österreichische Verteidigungsministerium nach wie vor über ausreichende finanzielle Mittel.Von 2006 bis 2016 wurden und werden dem Heer knapp zwei Milliarden Euro an Budget gestrichen, mehr Geld als anderen Ministerien. Laut Darabos seien die Hauptaufgaben des Bundesheeres, nämlich der Katastrophenschutz und Auslandseinsätze, aber trotz dieser Einsparungen gewährleistet.

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