Nach Skandal um defekte Silikonkissen
VKI: Musterprozess gegen Implantat-Hersteller
Der Skandal um defekte Silikonkissen des französischen Herstellers „Poly Implant Prothese“ hat ein erstes gerichtliches Nachspiel. Der Hersteller ist zwar pleite, doch der Verein für Konsumenteninformation (VKI) will Mitte Juni eine Klage gegen die Haftpflichtversicherung des Unternehmens einbringen. Drei Frauen hoffen auf Schadenersatz und Schmerzensgeld.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 5.6.2012
Musterprozesse in Paris
Drei Frauen, drei Operationen, ein Problem. Allen wurden die defekten Silikonkissen des französischen Herstellers "Poly Implant Prothese" in die Brust eingesetzt. Die defekten Implantate müssen getauscht werden und die Kosten - bis zu 5.000 Euro, Schmerzensgeld und mögliche Arztrechnungen - will der Verein für Konsumenteninformation erstreiten, sagt VKI-Chef Peter Kolba. Man wolle jetzt einmal mit Musterprozessen beginnen. Mitte Juni werden drei Prozesse in Paris anhängig gemacht.
Das Problem ist aber: Der Hersteller ist mittlerweile pleite, der Firmengründer in Haft, sagt VKI-Juristin Ulrike Wolf. Sie will sich das Geld daher von der Haftpflichtversicherung des Herstellers holen: "Der Hersteller hat in Frankreich ein Pflichtversicherung, die Allianz, wo Geschädigte auch nach französischem Recht einen direkten Anspruch gegenüber der Versicherung haben." Man wolle im Rahmen der drei Musterprozesse die Rechtslage klären, ob die Allianz zur Zahlung verpflichtet ist.
"Schadensbegründendes Ereignis war in Frankreich"
Anders als in Österreich müssen Hersteller von Medizinprodukten eine Haftpflichtversicherung abschließen. Automatisch zahlen will die Versicherung deshalb aber nicht, sagt Wolf. Sie will damit argumentieren, dass das schadensbegründende Ereignis die Produktion dieser Kissen selbst sei und das wäre natürlich in Frankreich. "Es kommt nicht darauf an, wo die Implantation durchgeführt worden ist oder wo die Frauen wohnen. Hier geht es darum, dem Gericht glaubhaft zu schildern, dass das schadensbegründende Ereignis in Frankreich ist und dann ist die Allianz als Pflichtversicherung zum Ersatz der Schäden verpflichtet."
Schadenersatz auch die anderen Frauen
70 Frauen haben sich beim VKI gemeldet. In nur drei Fällen werden jetzt einmal Musterprozesse angestrebt. Ein mühsamer Weg, aber in Europa derzeit der einzig mögliche, sagt Konsumentenschützerin Wolf. In Österreich konnte keine Sammelklage eingebracht werden. Das würde das EU-Recht nicht möglich machen, so Wolf.
Aber auch die anderen 67 Frauen sollen Recht und damit Geld bekommen. Deren Ansprüche sollen im Strafverfahren über eine französische Anwältin angemeldet werden, sagt Wolf. Parallel dazu gebe es auch eine Sammelintervention gegenüber der Allianz. "Sobald wir mit allen Erhebungen fertig sind, hoffen wir letztendlich, dass wir außergerichtlich für die anderen Frauen eine Lösung bekommen."