Kinderarzt: Narkoserisiko im Griff
Der Fall des vierjährigen Kindes , das nach einer Vollknarkose bei einer Zahnoperation am Landeskrankenhaus Graz gestorben ist, bewegt ganz Österreich. Trotzdem sagen Fachleute, dass es sich dabei um einen sehr seltenen Einzelfall handelt. Eine Vollnarkose sei bei bestimmten Operationen an Kindern fast ohne Alternativen, meinen Kinderärzte.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 20.6.2012
"Allermeistens passiert nichts"
Narkosearzt Peter Marhofer leitet die Kinderanästhesiologie am Wiener AKH. Komplikationen oder gar Todesfälle durch Vollnarkosen bei Kindern seien so selten, dass ihre Häufigkeit nicht einmal im Promillebereich läge, sagt er. Jährlich würden Zehntausende Narkosen bei Kindern gemacht und dabei passiere in den allermeisten Fällen nichts. "Und wenn bei der Narkose etwas passiert ist und das in die Meiden kommt, hat das mit der Narkose an sich meist gar nichts zu tun, sondern ist Ausdruck einer schweren Grunderkrankung des Kindes." Anästhesie insgesamt sei eigentlich als sehr sicher zu bezeichnen, so Marhofer.
Nur unter Vollnarkose möglich
Aber welche Gründe gibt es wirklich, sehr kleine Kinder einer Vollnarkose auszusetzen? Vor allem bei Eingriffen im Kopfbereich, etwa bei Mandel- oder und Zahnoperationen sei sie unverzichtbar, meint Marhofer: "Leider ist der Zahnstatus vieler Kinder, auch kleinerer, nicht sehr gut. Und besonders im Alter von drei, vier Jahren kommen uns sehr viele Kinder unter, die sehr schlechte Zähne haben. Diese Zähne müssen dann behandelt, oft auch gezogen werden, und das geht bei so kleinen Kindern eigentlich nur in Vollnarkose, weil die das niemals zulassen würden, wenn sie wach sind."
Propofol "extrem sicher"
Das ins Gerede gekommene Kurzzeit-Narkosemittel Propofol sei dabei ein probates Mittel, sagt Peter Marhofer: "Am Propofol gibt's eigentlich überhaupt nichts Riskantes. Es gibt kein anderes Mittel bei Kindern und es ist extrem sicher, wird seit über 20 Jahren angewendet. Wie jedes Narkosemittel kann es zum Aufhören der Atmung, zu Kreislaufproblemen führen - alles Dinge, die ein Anästhesist normalerweise im Griff hat."
Nicht an jedem Spital
Wenn manche Spitäler keine Vollnarkosen an Kindern durchführen, sondern die kleinen Patienten weiterverweisen, sei das in Ordnung, sagt AKH-Arzt Marhofer. Nicht jedes Krankenhaus könne Kinder entsprechend behandeln, und Kinderanästhesie sei ein hochspezialisiertes Fach. Letztlich kommt es hier wie anderswo auch auf das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten an - auch, und gerade wenn es sich um Kinder handelt.