Krimi von Tony Black

Gelyncht

Der erste ins Deutsche übersetzte Krimi des Schotten Tony Black, Titel: "Geopfert", wurde von mir mit durchaus gemischten Gefühlen besprochen: spannend, keine Frage, aber viel zu sehr an Vorbilder wie den irischen Autor Ken Bruen erinnernd.

Insbesondere was die Charakteristik der Hauptfigur anbelangt, jenes Gus Dury, der bei Black als schottischer Reporter nach einer Schlägerei mit einem Minister geschasst worden ist, sich dem Alkohol ergeben hat, dann privat Kriminalfälle löst, und von seinem sogenannten "Werdegang" her bis in einige Details dem ehemaligen irischen Polizisten und unfreiwilligen "private eye" Jack Taylor, dieser ebenfalls unglücklichen Heldenfigur aus Bruens Krimis mit Schauplatz Galway, gleicht.

Keine Bruen-Kopie

Nach der Lektüre des zweiten, nun in deutscher Übersetzung vorliegenden Tony-Black-Krimis, nehme ich einiges davon zurück. Zwar sind die Romantitel des Autors nach wie vor etwas einfach gestrickt - nach "Geopfert" kommt jetzt "Gelyncht" -, aber das neue Buch ist ein starkes, gelungenes Stück anglo-amerikanischer Kriminalliteratur im besten "hard-boiled-style", das sich von den Bruen-Vorlagen doch deutlich abzeichnet.

Also: Gus Dury, von seiner Frau verlassen, vom Alkohol gezeichnet, beginnt sich wiedermal und ungefragt in Edinburgher Mordfälle einzumischen. Während er eine Tierquälerei ausgerasteter Jugendlicher auf dem Stadthügel zu bremsen versucht, landet er in einer Erdgrube, in der sich schon jemand befindet: ein stadtbekannter Kleinkrimineller in Leichenform.

Schottische Weisheiten

Wie es weitergeht, ist fürs erste klar: Dury landet im Knast, wird heftig verprügelt, und das auch noch von jenem "Officer", der demnächst Durys Ex heiraten wird. Folge zwei: Dury kann es nicht lassen, obwohl er inzwischen ein Pub geerbt hat - dieses geht auch nicht so gut, wenn der Wirt der beste Kunde ist - und ermittelt wieder. Folge drei: Die Edinburgher Unterwelt und die städtische Polizei stecken unter der berühmten "einen" Decke, diesmal geht es vor allem um verbotene Hundekämpfe. Soweit der Plot im Groben.

Was sich aber aus diesem Krimi an schottischen und anderen Lebensweisheiten mitnehmen lässt, das ist durchaus bemerkenswert: Zitat des Helden nach einer durchzechten Nacht: "Auf der Straße bekam ich fast beinen Schock. Die Sonne schien." Zitat des Erzählers zur britischen Realverfassung: "Manche Leute schnitten sehr gut ab bei der Gruppenvergewaltigung, die Thatcher, Major, Blair und Brown diesem Land angetan hatten." Und noch ein letztes zu Edinburgh:

Ein anderer Touristenführer

Genug der Zitate, als Fazit bleiben zwei Punkte: Ein wirklich spannender Krimi. Sollten Sie nach Edinburgh reisen wollen, nehmen Sie ihn mit. Auch zur Korrektur der Touristenführer. Punkt zwei, und das muss leider gesagt werden: Die Übersetzung ins Deutsche ist oft schwer erträglich. Offensichtlich zugeschnitten auf den sogenannten "nord- oder dialektal hochdeutschen Sprachraum", in dem man mit Begriffen wie "Fluppen" oder "einen Tacken besser" vielleicht was anfangen kann. Zsolnay hingegen - als in Österreich beheimateter Verlag - sollte sich bald mal mit mehr Stärke gegen diese Vereinnahmungen bemühen.

Anderenfalls wird es für einen Leser hierzulande wirklich schwierig, den von Harry Rowohlt übersetzten Bruen mit dem von Jürgen Bürger übersetzten Black zu unterscheiden.

Service

Tony Black, "Gelyncht", aus dem Englischen übersetzt von Jürgen Bürger, Zsolnay Verlag

Zsolnay - Gelyncht