Johnny Depp in "The Rum Diary"
Es gibt wenige Schriftsteller in Amerika, die einen ähnlichen Kultstatus besitzen wie Hunter S. Thompson. Als Vertreter des New Journalism lieferte er in den 1970er Jahren lebensnahe Reportagen aus dem amerikanischen Wahlkampf ab, in seinen alkoholschwangeren Romanen deckte er die Kehrseite des amerikanischen Traums auf, und sein Selbstmord 2005 tat noch ein Übriges, um den Ruf des ewigen Außenseiters zu zementieren. Jetzt wurde sein erster Roman "The Rum Diary" verfilmt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 31.7.2012
Johnny Depp verband eine enge Freundschaft mit Hunter S. Thompson. Vor knapp 20 Jahren hatten sich die beiden kennengelernt und als 1998 Thompsons stark autobiografischer Kultroman "Fear and Loathing in Las Vegas" verfilmt wurde, schlüpfte Depp auch voller Enthusiasmus in die Rolle von dessen Alter Ego. Der enge Kontakt zwischen den beiden sorgte dann auch für den überraschenden Anstoß zum aktuellen Film "The Rum Diary".
Johnny Depp: "Ich habe Hunter besucht und er hat mich in den Keller geführt, wo er einen Raum gehabt hat, den er seine 'Einsatzzentrale' genannt hat. Der war bis obenhin mit Schachteln vollgeräumt und ich habe einige Sachen hervorgezogen und gefragt, was das sei. Und auf einmal habe ich dann durch Zufall das von ihm vergessene Manuskript von 'The Rum Diary' in der Hand gehalten."
Thompsons Alter Ego in Puerto Rico
Thompson war Mitte 20, als er "The Rum Diary" zu Papier brachte und er beschrieb darin seine Zeit als Reporter auf der Karibik-Insel Puerto Rico. Johnny Depp produzierte den Film jetzt nicht nur, er schlüpfte auch wieder in die Rolle von Thompsons Alter Ego, und dieser Paul Kemp ist, ganz so wie es auch Thompson war, ein leidenschaftlicher Trinker.
"The Rum Diary" spielt im Jahr 1960, und vom grellroten Chevy-Cabriolet bis zur türkisen Schreibmaschine wird alles getan, um diese mythische Vergangenheit farbenfroh aufleben zu lassen. Und auch die politischen Ereignisse der damaligen Zeit finden Eingang, wenn die Männer im Fernsehen den damaligen Präsidentschaftswahlkampf zwischen John F. Kennedy und Richard Nixon beobachten.
Zu seiner eigenen Stimme finden
Seit 1898 gehört Puerto Rico zum Hoheitsgebiet der USA. Im Film sind skrupellose amerikanische Investoren dabei, das Südseeparadies zu verschandeln, und der junge Journalist muss erstmals seine Fähigkeiten als Aufdecker unter Beweis stellen. Für Hunter S. Thompson waren die Monate auf Puerto Rico aber auch in anderer Hinsicht eine prägende Zeit, erzählt Regisseur Bruce Robinson:
"Es geht in dem Film darum, wie Hunter Thompson zu dem wurde, der er dann später war. Sein Alter Ego sagt eine wichtige Zeile. Er meint nämlich an einer Stelle des Films, 'ich habe keine Stimme, was ich schreibe, das bin noch nicht ich'. Und das war für mich der rote Faden durch die Erzählung, wie er darum kämpft, zu seiner eigenen Stimme zu finden und wie er das am Ende auch schafft."
"The Rum Diary" wirkt wie ein Kniefall vor Hunter S. Thompson. Und so genügt sich der Film auch die meiste Zeit darin, seinen Helden durch Schweiß, Alkohol und Karibikrhythmen hindurch bei seinem Inseltrip zu beobachten. Während der Rum aber in Strömen fließt, tröpfelt das Geschehen nur langsam dahin und so fragt man sich irgendwann, ob es umgekehrt nicht besser gewesen wäre.