Olympia-Architektur und Nachhaltigkeit
Londons Bürgermeister Boris Johnson hat große Pläne für den Olympischen Park und das Athletendorf in Stratford. Das arme Londoner East End soll zu einer neuen Stadt in der Stadt werden. Klimafreundliche Architektur, Sportanlagen für die Bewohner und die Ansiedlung von Technologiebetrieben sind das olympische Erbe. Ob die sozial Schwachen davon profitieren können, wird aber bezweifelt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 10.8.2012
London ist anders, nach den Olympischen Spielen sollen in Stratford keine Sportruinen und verwaiste Athletenwohnungen stehen. Die Spiele standen von Anfang an im Zeichen der Entwicklung der ärmsten Stadtregion. Nächstes Jahr soll der 2,5 Quadratkilometer große Olympische Park als Queen Elizabeth Olympic Park neu eröffnet werden. Rund neun Millionen Besucher werde der Park jährlich anziehen und zu einer der zehn meist besuchten Attraktionen werden, prognostiziert der Londoner Bürgermeister Boris Johnson.
Neues Zuhause für 6.000 Familien
Das Gebiet bekommt sogar eine neue Postleitzahl - E20 war bisher eine fiktive Adresse in der britischen Seifenoper "Eastenders". Das richtige Leben der Bewohner in diesem Stadtteil soll sich durch stadtplanerische Eingriffe verbessern. Das Athletendorf wird zum East Village, die klimafreundlich gebauten Blöcke im Plattenbaustil werden zu Wohnungen umgebaut. 6.000 Familien finden hier ein neues Zuhause, die Hälfte der Immobilien ist für einkommensschwache Mieter reserviert. In den kommenden 20 Jahren sollen noch weitere 8.000 Wohneinheiten dazukommen, drei Schulen, neun Kindergärten, drei Gesundheitszentren und 29 Spielplätze, sagt der Bürgermeister.
Auf diese Weise entstehen fünf Gemeinden auf dem Reißbrett. Der Prozess erinnert an die Bildung neuer Satellitenstädte nach dem Zweiten Weltkrieg. Großbritannien hat mit diesen "New Towns" sehr gemischte Ergebnisse erzielt, unbeliebte Vorstadtwüsten und boomende Zentren gleichermaßen geschaffen.
"Investition in das menschliche Kapital"
Stratford wird ein Erfolg, ist Johnson überzeugt, menschliche Nachhaltigkeit ist sein neues Schlagwort. Die Armee an freiwilligen Helfern, die während der Olympischen Spiele mit großer Hingabe die Besucher betreut haben, soll ihren Enthusiasmus in den Schulen und auf den Sportplätzen einsetzen. Leseprogramme und Sporttraining sollen ausgeweitet werden, der Bürgermeister spricht von einer "Investition in das menschliche Kapital".
Durch den Auf- und Umbau soll Stratford sozial besser durchmischt werden, der Bürgermeister will einkommensstarke Gruppen anziehen. Die lokale Bevölkerung im Bezirk Newham, in dem Stratford liegt, befürchtet, dass die sozial Schwachen langfristig verdrängt werden. Das Vermächtnis der Spiele sei es, in den Bus zu steigen und Newham zu verlassen, der Bürgermeister wolle keine armen Leute hier haben, sagt ein Bewohner.
Andere wiederum hoffen auf den positiven Effekt der wohlhabenden Mittelschicht, genauso wie die Athleten viele Londoner inspirierten, mehr Sport zu treiben, würden sie die Gemeinschaft beeinflussen. Erst die Zukunft wird zeigen, ob dieses Sozialexperiment gelingt. Wie es nicht funktioniert, haben zahlreiche Olympiastädte schon vor London gezeigt. Die Briten wollen aus den Fehlern lernen.