Was ist ein Denkmal und schützenswert?

Was gilt in Österreich als architektonisches Erbe? Sind auch schlichte Ingenieurbauten schützenswert? Genau das prüft das Bundesdenkmalamt aktuell bei der Erdberger-Stadtautobahnbrücke in Wien. Die ASFINAG will die Brücke abreißen und neu bauen lassen. Der Präsident der Wiener Architektenkammer kritisiert, in Österreich werde der Stellenwert dieser Ingenieurbauten unterschätzt.

Mittagsjournal, 18.8.2012

Tanja Geleckyj

"Erhaltenswürdige Zeitzeugen"

Was reiner Zweckbau sei und ab wann Ingenieurbau Baukunst, das sei für Laien oft nicht so leicht zu beurteilen, sagt Walter Stelzhammer, Präsident der Wiener Architektenkammer. "Es fehlt der Zugang zu weniger dekorierten, behübschten Bauwerken seit Beginn der neuen Sachlichkeit, also Nachkriegszeit. Da gibt es vieles, das nicht zu erhalten ist, aber es gibt einiges, das sehr erhaltenswürdig ist."

Darunter fällt für Stelzhammer auch die Erdbergerbrücke. Die Schalenbrücke ist Ende der 60er- Anfang der 70er-Jahre nach den Plänen des österreichischen Architekten Alfred Pauser errichtet worden und ein schützenswertes Juwel, sagt Stelzhammer: "Das sind Zeitzeugen, die es in dieser Form nicht mehr geben wird, die sowohl von der Bauweise als auch der exzellenten Umsetzung mit den damaligen Mitteln erhaltenswürdig sind."

Noch mehr zu schützen?

In Österreich stehen insgesamt 37.000 Objekte unter Denkmalschutz - das ist europaweit nicht viel, sagt Barbara Neubauer, die Präsidentin des Bundesdenkmalamts. Man könnte die Quote ruhig auf zwei bis drei Prozent anheben. Daran werde derzeit auch gearbeitet. Doch was sind die Kriterien, nach denen entschieden wird, ob ein Gebäude unter Denkmalschutz gestellt wird oder nicht? Neubauer: "Das Denkmalschutzgesetz besagt, dass ein Objekt denkmalwürdig ist, wenn es von außerordentlicher künstlerischer, architektonischer, historischer Qualität ist. Es muss also etwas außergewöhnliches sein, das wichtig für den österreichischen Kulturbestand ist."

Mit Gebäuden, die vor 1920 errichtet wurde, tue man sich leicht, sagt Neubauer. Es sei allgemein akzeptiert, dass man es mit historischer Bausubstanz zu tun hat. Jetzt müsse man sich aber vor allem Objekten aus der Nachkriegszeit widmen: "Wenn es uns jetzt nicht gelingt, bedeutende Objekte der Nachkriegszeit unter Schutz zu stellen, werden ganze Architektengenerationen nicht mehr mit einem Objekt präsent sein, sondern nur mehr in Zeichnungen und Abbildungen."

Gespräche mit ASFINAG

Genau deshalb will das Bundesdenkmalamt die Erdberger Brücke des Architekten Alfred Pauser genau unter die Lupe nehmen. Man habe bereits Kontakt mit der ASFINAG aufgenommen. Eines sei bei solchen Ingenieurbauten aber klar: Man müsse nicht nur die Frage beantworten, ob die Brücke ein Denkmal ist, sondern auch, ob sie den Belastungen des Straßenverkehrs überhaupt gerecht werden kann. All das will das Bundesdenkmalamt in den nächsten Wochen prüfen.