Neues Bob Dylen Album: "Tempest"
Genau 50 Jahre ist es her, dass Bob Dylans Debütalbum erschienen ist, und seit gestern gibt es das neue Werk des Altmeisters: "Tempest", so der Titel, ist Dylans 35. Studioalbum mit insgesamt zehn neuen Songs.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 8.9.2012
Es ist die Ruhe vor dem Sturm, mit der Bob Dylan zu Beginn von "Tempest" in sein Haus bittet. Jazzig angehauchte Ragtime-Nostalgie im 2/4-Takt. Platz nehmen, Fenster schließen und im Halbdunkel: Bühne frei für den Meisterbarden.
Dunkel und geisterhaft sei "Tempest", schreibt das "Rolling Stone"-Magazin. Geniestreich und Meisterwerk, hallt es aus den internationalen Medien zurück. Das neue Dylan-Album wird schon in den Headlines gefeiert, um dann Platz zu machen für Interpretationen und Spekulationen. Denn meisterhaft lädt Dylan dazu ein, mit Metaphern und Doppeldeutigkeiten, verspielt zwischen den musikalischen Schubladen, wo hinter jeder Ecke neue Geister mit ihren Geschichten warten.
Verneigung vor John Lennon
Die Stimmung wechselt permanent, und glaubt man sich bei "Narrow Way" im Auge des Sturms angekommen, so beruhigt Dylan gleich darauf in der folkig angehauchten Ballade "Long And Wasted Years" mit Erinnerungen an die alten Zeiten, um dann dem Kellner zuzukrächzen: "I pay in blood - but not in my own".
Die Stimme im Griff, jonglierend lädt Dylan dann noch ein zu einem wundersamen Ausflug in die Geisterstadt "Scarlet Town", verneigt sich in "Roll on John" vor Lennon, um zwischendurch im bluesigen "Early Roman Kings" mit David Hidalgo am Akkordeon festzustellen: "I'm not dead yet".
Kommentiert hat Bob Dylan sein neues Album nicht, nur im Halbernst hat er dem "Rolling Stone Magazine" erzählt, dass er eigentlich ein religiöseres Album machen wollte. Und dass ihn "Titanic", ein Song der Carter-Family zum titelgebenden - 14 Minuten und 45 Verse langem - "Tempest" inspiriert habe.
Wie aus einer anderen Zeit
Es ist ein riesiges Wandgemälde das Dylan da aufzieht, und wo er die "Titanic" in einer Traumsequenz im 3/4-Takt in die Unterwelt tänzeln lässt. Tote Körper fallen über Bord, mit Bischöfen die ihren Glauben verlieren. Und anderen, die in der Katastrophe bekehrt werden. Wenn auch musikalisch nicht der Luxusdampfer, der besungen wird - "Tempest" ist ein Song wie aus einer anderen Zeit, der nach etwas Greifbarem verlangt.
Und damit noch zur einzigen Hässlichkeit dieses Albums, dem Cover: Dort ist nämlich unter recht einfallslosem Schriftzug - rotgestochen -, eine der Statuen des Athene-Brunnens vor dem Parlament in Wien abgelichtet. Wie ein ausladendes Schild auf der Tür des Saloons, in dem der Meisterbarde sitzt und seine Geschichten erzählt.