OECD-Studie: Schlechtes Zeugnis für Österreich

Das Schuljahr hat kaum begonnen, da kommt schon der nächste Rückschlag für Österreichs Bildungspolitik: Die OECD sieht in Österreich nur geringe Chancen auf einen sozialen Aufstieg durch Bildung. Immer noch gibt es viel zu wenig Akademiker. Und: Österreichs Lehrer verbringen deutlich weniger Zeit in den Klassen, vor allem in der Sekundarstufe.

Mittagsjournal, 11.9.2012

Allgemein hoher Bildungsstandard

Die gute Nachricht zuerst: Die Österreicher haben insgesamt ein hohes Bildungsniveau: 82 Prozent von ihnen haben eine Lehre oder eine Höhere Schule abgeschlossen, acht Prozent mehr als im OECD Durchschnitt. Und an der OECD-Spitze steht, so wie in den letzten Jahren, die berufsbildende höhere Ausbildung in Österreich. Der sogenannte tertiäre Sektor, also die Hochschulen, entlocken OECD-Bildungsexperten Andreas Schleicher weniger Begeisterung: "Im Bereich der tertiären Ausbildung ist die Veränderungsdynamik deutlich schwächer ausgeprägt, als wir das in vielen der erfolgreicheren Bildungssysteme sehen. Bei der Finanzierung investiert Österreich weiterhin ein sehr hohes Maß an Mitteln. Aber bei den Entscheidungen, wie diese Ausgaben getätigt werden, ist sicher noch Verbesserung möglich."

Akademischer Aufstieg aber schwer

Besonders signifikant: Nur wenigen Kindern aus bildungsfernen Bevölkerungsschichten gelingt der Aufstieg: Nur 26 Prozent aller 25- bis 34-Jährigen, die nicht studieren, erlangen einen höheren Bildungsstand als ihre Eltern. Damit liegt Österreich in der OECD an siebtletzter Stelle. Die Neue Mittelschule sei hier wichtig, werde das alleine aber nicht ändern, sagt Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ). Sie sieht als ersten Ausgangspunkt die Familie an und den Stellenwert, den Bildung in der Familie hat. Schmied betont aber: "Kinder haben ein Recht auf Bildung und Ausbildung!" Wenn in einer Familie Bildung keinen hohen Stellenwert hat, dann müsse der Staat eingreifen, erklärt die Unterrichtsministerin und sagt: "Da muss das öffentliche Bildungswesen noch viel stärker wirksam werden. Das ist übrigens einer der größten Kritikpunkte an Österreich, dass uns das noch sehr schlecht gelingt." Dass Österreich vergleichsweise viel Geld pro Schüler ausgibt, liege übrigens an den hohen Kosten für die berufsbildende Ausbildung und einer überalterten und daher besserverdienenden Lehrerschaft, so Schmied.

Eine Frage der Definition

Auch wenn sie ständig steigt ist sie nach wie vor niedrig: die Akademikerquote mit nur 19 Prozent der Bevölkerung statt dem OECD -Mittelwert von 31 Prozent. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) rechnet anders: "Wenn man die anderenorts zu Akademikern gerechneten Berufsabschlüsse dazu rechnet, sind wir schon über dem OECD-Schnitt von 38 Prozent. Wir sind auch bei der Zugangsquote zu den tertiären Einrichtungen sehr hoch. Wir sind allerdings schwach bei den Abschlussquoten – da klafft eine Lücke. Das heißt, wir haben ein ineffizientes System im tertiären Bereich."