Island: Krise überwunden

Island war 2008 das erste Land Europas, das unter dem Druck der Finanzkrise wirtschaftlich eingebrochen ist. Jetzt scheint Island die Krise überwunden zu haben, nach harten Reformen blüht Islands Wirtschaft wieder auf. Was Europa betrifft: von einem Beitritt will man auf Island nichts mehr wissen.

Morgenjournal, 17.09.2012

2013 Budgetüberschuss erwartet

In den Cafés und Bars von Reykjavik ist die Krise kein Thema mehr. Während mehrere Staaten in der Eurozone mit der Rezession kämpfen, liegt das Wirtschaftswachstum Islands bei rund zweieinhalb Prozent. Ein Großteil der internationalen Hilfen ist zurückgezahlt, 2013 wird voraussichtlich ein Budgetüberschuss erwirtschaftet. Aus der Krise ist Island durch Reformen gekommen, durch eine Verkleinerung des Finanzsektors, Sparmaßnahmen in Gesundheit und Verwaltung, aber auch durch Steuererhöhungen und Lohnkürzungen.

Die Maßnahmen seien gezielt gewesen und hätten das soziale Gleichgewicht nicht durcheinandergebracht, sagt der Wirtschaftsexperte Eirikur Bergmann: "Die Last wurde hauptsächlich von den Vermögenden getragen, die Leute mit geringen Einkommen wurden geschont, das hat die Kaufkraft erhalten und das Wachstum gestützt. Hätten wir massive Sparprogramme gehabt, wie es sie jetzt in einigen Eurostaaten gibt, etwa Griechenland, wäre dieser Aufschwung nicht zustande gekommen."

Vorbild für Eurozone?

Neben einem günstigen Wechselkurs profitiert Island von einem weiteren Punkt: Als die drei größten Banken des Landes vor vier Jahren zusammenbrachen, wurden die Institute nicht gerettet, sondern schlichtweg in Konkurs geschickt. Das hat ausländische Gläubiger verärgert, aber die isländischen Steuerzahler wurden geschont und das Budget nicht durch Haftungen und Garantien belastet. Könnte Island auch der Eurozone als Vorbild dienen? Dafür sei es wohl zu spät, sagt Bergmann: "Die Eurozone hat einen anderen Weg gewählt, man hat massive Sparprogramme eingeführt, kaputte Banken gerettet und viel Geld in ein krankes System geworfen, das man nun kaum mehr ändern kann. Ich glaube, wenn überhaupt, hätte die Eurozone den isländischen Weg vor vier Jahren, am Beginn der Krise gehen müssen."

Nachdem Island an den Rand des Staatsbankrotts geriet, nahm die damalige Regierung EU-Beitrittsverhandlungen auf, die EU wurde als eine Art Rettungsanker gesehen. Angesichts des isländischen Aufschwungs und der Krise in der Eurozone wächst nun allerdings die EU-Skepsis der Isländer, Umfragen zufolge ist die Mehrheit der Bevölkerung gegen einen Beitritt. 2013 finden in Island Parlamentswahlen statt. Wird die aktuelle rotgrüne Allianz abgewählt und durch eine konservative Regierung ersetzt, wäre es durchaus möglich, dass die Beitrittsverhandlungen von Island abgebrochen werden.