Neuer Irving-Roman "In einer Person"
Mit Bestsellern wie "Garp und wie er die Welt sah", "Das Hotel New Hampshire" oder "Gottes Werk und Teufels Beitrag2 ist John Irving weltweit bekannt geworden. Über 10 Millionen Bücher hat der 70-Jährige bis dato verkauft, übersetzt in 30 Sprachen, fünf seiner 13 Romane wurden verfilmt. Und Roman Nummer 13 kommt in diesen Tagen in deutscher Übersetzung in die Buchhandlungen: "In einer Person".
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 26.9.2012
Die verstörende Vielfalt von Menschen
Sexuelle Obsessionen, dominante Frauen, verlassene Kinder, skurrile Außenseiter, Ringkämpfe und groteske tödliche Unfälle - die Bücher von John Irving sind voll davon. Und auch sein neuer Roman ist als Melange aus exzentrischen Figuren, bizarren Momentaufnahmen und skurrilem Humor arrangiert. Diesmal geht es um William Abbott, kurz Billy, der ohne Vater im puritanischen Neuengland aufwächst, auf der Bühne eines Kleinstadttheaters erste Gehversuche als Schauspieler macht und verunsichert ist wegen seiner homoerotischen Neigungen.
Die Nöte seines Protagonisten kennt John Irving: "Als Bub, der in den fünfziger und sechziger Jahren aufwuchs und sexuell heranreifte, fühlte ich mich, ich nehme an, wie viele andere auch, zu schlicht jedem hingezogen: zu den Müttern meiner Freunde, den Mädchen in meinem Alter und gelegentlich auch zu den älteren Buben aus dem Wrestling-Team. Die Sympathien sind auch geblieben. Und ich dachte mir, nur weil sich herausgestellt hat, dass ich auf Frauen stehe und heterosexuell bin, bedeutet das nicht, dass ich diese Momente des Heranwachsens vergessen darf, in denen ich dieses Begehren und diese Zuneigung zu einer verstörenden Vielfalt von Menschen verspürte. Wie kann ich also Menschen verurteilen, die nach diesem Begehren handeln?"
Ein Plädoyer für Toleranz
"So spiele ich in einer Person viele Menschen und keiner ist zufrieden" - ein Zitat aus Shakespeares "Richard der Zweite" hat John Irvings neuem Roman den Titel gegeben. "In einer Person" das ist nicht nur einer der typischen opulenten Irving-Romane, es ist auch ein Plädoyer für Toleranz. Es ist ein Roman über die immer noch existierende Intoleranz gegenüber geschlechtlicher und sexueller Differenz.
"Ich dachte, ich werde nicht nochmal über dieses Thema schreiben, oder besser, werde nicht mehr über dieses Thema schreiben müssen, aber ich denke, sexuelle Intoleranz ist immer noch gegenwärtig, in einer neuen, anderen Form", so der Autor, "und ich glaube, dieser Roman behandelt dieses Thema auf eine weniger radikale, aber realistische Art und Weise. Ich habe den bisexuellen Hauptcharakter gewählt, weil ich wusste, dass er mehr Misstrauen hervorrufen würde – bei Heterosexuellen ebenso wie bei Schwulen."
Das ist denn auch die Aufgabe, die John Irving seinem Billy zugedacht hat - zu zeigen, dass unsere Gesellschaft alles andere als liberal und offen ist. Es provoziere ihn eben, wenn Politiker vom rechten Flügel und andere Konservative sich anmaßen, uns eine Lebensweise aufzuzwingen und keine Rücksichten auf unterschiedliche sexuelle Identitäten nehmen, sagt John Irving und er hofft auf die politische Strahlkraft seines Romans.