"Speed - Auf der Suche nach der verlorenen Zeit"

Haben Sie sich für heute schon einen Zeitplan gemacht? Wenn ja, dann könnte es durchaus aus sein, dass er durcheinander gerät. Wie leicht es ist, unter anderem im Alltag Zeit liegen zu lassen, das zeigt der Dokumentarfilm "Speed - Auf der Suche nach der verlorenen Zeit", der ab Freitag in den österreichischen Kinos anläuft.

Morgenjournal, 26.9.2012

Nicht zu wenig Zeit, sondern zu viele Möglichkeiten

Schon wieder geht sich ein Termin nicht aus, schon wieder keine Zeit für die Familie, schon wieder ein Abgabetermin, den man nicht schafft. Zeit, so scheint es, wird immer knapper. Diese Empfindung hat auch der 1973 geborene deutsche Filmregisseur Florian Opitz und er holt sich Rat bei einem Experten, dem Zeitforscher Karlheinz Geissler: "Wir haben nicht zu wenig Zeit, sondern zu viel zu tun und das liegt daran, dass wir zu viele Möglichkeiten haben."

Zeit ist Geld

Opitz geht in seinem Film "Speed- Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" den Ursachen und Folgen der Zeitnot nach, im Privatleben, im Beruf, in der Wirtschaft. Vor allem die digitale Technik erweist sich als Beschleunigungsmaschine. Je mehr beispielsweise Smartphones können, desto leichter verzettelt man sich auch damit. Oder: Etwa 90 Prozent des Wertpapierhandels werden mittlerweile automatisch abgewickelt, weil die menschliche Wahrnehmung auf Aktienkursveränderungen in Millionstel Sekunden nicht mehr reagieren kann, aber genau darin liegt jede Menge Profit. Regisseur Florian Opitz: "Das bedeutet, dass wir hier eigentlich keine menschliche Urteilskraft mehr dazwischen geschaltet und die Kontrolle über unser Leben ein Stück an die Technik abgetreten haben."

Digitales Fasten

Doch was tun? Zuerst einmal geht es um das Aufzeigen von Widersprüchen, die sich an ganz simplen Beispielen, etwa der Verteilung von Arbeit festmachen lassen: Arbeitslose steht dann jenen Beschäftigten gegenüber, die sich zu Tode arbeiten. Opitz besucht zudem einen Redakteur der Süddeutschen Zeitung, der sich ein halbes Jahr lang digitales Fasten, also ohne Handy und Internet auferlegt hat, zeigt Wirtschaftsaussteiger, die die Notbremse gezogen haben, stellt Recherchen rund um das Bruttonationalglück in Bhutan an, und fragt nochmals bei Prof. Geissler nach: "Man landet auch nicht unter der Brücke, wenn man auf die eine oder andere Möglichkeit, die sich bietet, auch mal verzichtet." Doch freilich mit den Widersprüchen ist das so eine Sache: Florian Opitz: "Noch nie war mein Leben so beschleunigt wie während der Zeit, in der ich diesen Film über Entschleunigung gemacht habe."

Zeit nehmen

Florian Opitz macht aus seiner persönlichen Betroffenheit einen anregenden Film, der berechtigte Fragen stellt, ufert dabei aber auch ein wenig in Beliebigkeit aus. Zumindest eine - auch nicht ganz neue - Weisheit legt der Film nahe: Zeit muss man nicht haben, sondern sich nehmen.

Übersicht