Sudan-Südsudan: Weiter Ringen um Grenzgebiete

Es vergeht fast kein Tag, an dem es in den Grenzgebieten zwischen Sudan und Südsudan nicht zu Kämpfen zwischen Rebellen und dem sudanesischen Militär kommt. Die Politiker der beiden Länder hingegen zeigen sich in der Öffentlichkeit kooperativ, so auch bei einer Konferenz in Wien.

Mittagsjournal, 20.10.2012

Nadja Elgendy

Angespannte Beziehungen

Erst kürzlich ist die grenznahe Stadt Kordofan von Rebellen bombardiert worden. Fünf Menschen starben, 23 wurden verletzt. Auf dem politischen Parkett, wie etwa auf Konferenzen im Ausland, geben sich die Politiker aber kompromissbereit und lösungsorientiert. Nicht zuletzt weil der Konflikt die beiden ohnehin schon armen Länder in eine wirtschaftliche Misere gebracht hat. Der südsudanesische Außenminister Elias Wakoson erklärt: "Wenn wir Frieden schaffen, können wir all die Maßnahmen umsetzen, die eine friedliche Koexistenz zwischen uns ermöglichen. In einer guten Nachbarschaftsbeziehung können wir beide große Nationen werden."

Und mit Nachbarschaftsbeziehungen sind vor allem die wirtschaftlichen Beziehungen gemeint. Nach der Trennung des Südsudans vom Sudan vor fünfzehn Monaten gingen drei Viertel aller Ölreserven in den Besitz des jungen Staates Südsudan über. Beim Transport ist man aber vom Nachbarstaat abhängig, denn das Erdöl muss in Leitungen über den Sudan gepumpt werden. Nach einem Streit um die Erdöl-Transportkosten kam es zu einem Produktionsstopp. Das brachte beide Länder in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Unter internationalem Druck haben die Nachbarländer jetzt mehrere Abkommen unterzeichnet und sich darauf geeinigt, einerseits die Grenzen zu sichern und andererseits die Ölproduktion im Südsudan wieder aufzunehmen.

Konflikte um ölreiche Grenzgebiete

Eine gute Beziehung nach der Trennung der beiden Länder ist jetzt wichtig, aber die Beziehungen sind von einem Auf und Ab geprägt, so der südsudanesische Außenminister Wakoson. Auch der sudanesische Außenminister Ali Ahmed Karti gibt zu bedenken, dass nicht alle mit der vereinbarten Grenzziehung zufrieden sind: "Es gibt Politiker im Sudan und im Südsudan, die befangen sind, aufgrund der Trennung des Südsudans vom Sudan. Und manchmal lösen sie diese Probleme mit Gewalt."

Seit Beginn der Kämpfe im ölreichen Kordofan vor einem Jahr sind tausende Zivilisten aus der Region geflüchtet. Eine heiß umkämpfte Stadt im Grenzgebiet ist auch Abyei. Beide Länder erheben Anspruch darauf, nicht zuletzt weil im Friedensabkommen von 2005 sowohl dem Sudan als auch dem Südsudan die ölreiche Region zugesprochen wurde.

Muslimischer Norden, christlicher Süden

Ein weiteres Konfliktpotential, das das Grenzproblem der beiden Länder verschärft, sind die religiösen Unterschiede: der Sudan ist überwiegend muslimisch, während der Südsudan mehrheitlich christlich ist und teils auch lokale Naturreligionen vertreten sind. Religion spielt aber keine Rolle in diesem Konflikt, sagt der sudanesische Außenminister: "Wir haben im Sudan Muslime, Nichtmuslime und Christen. Und auch im Südsudan sind Muslime, Nichtmuslime und Christen."

Die Verhandlungen würden gut verlaufen. Beide Außenminister geben sich optimistisch. Fraglich bleibt, ob den Worten auch Taten folgen, denn es ist schon öfters vorgekommen, dass die zwei Länder ein Abkommen unterzeichnen und sich dann aber nicht daran halten.