Mehr als ein Gemeinschaftsbüro

Betahaus Berlin

An die1.800 Coworking Spaces gibt es weltweit. Doppelt so viele wie noch vor einem Jahr. Dreißig davon findet man alleine in Berlin. Als Mutterschiff, aufgrund seiner Größe und seiner Inspiration für andere, kann man das Betahaus Berlin bezeichnen.

Vor drei Jahren wurde es in Kreuzberg in einer ehemaligen Waschlappenfabrik eröffnet. Inzwischen gibt es Standorte in Köln, Hamburg, Sofia und Barcelona.

Typische Berlinstory

Vier Stufen führen ins Erdgeschoss eines uncharmanten 1970er Jahre Industriehochhauses, von denen es in Berlin viele gibt. Auf Polstersesseln, Stühlen und Sofas sitzen twenty- und thirtysomethings. Sie nippen an ihren Latte Macchiatos und beschäftigen sich mit ihren Laptops. So weit so gewöhnlich für ein Berliner Café in Kreuzberg.

"Beim Betahaus handelt es sich um ein typisches Berliner Projekt", sagt einer der Gründer Christoph Fahle. "Das Haus ist lange leer gestanden und der Besitzer überlegte sich, was er mit der Immobile anstellen soll. Als wir ihm das Konzept für das Betahaus vorgeschlagen haben, war er sofort begeistert und hat uns das Haus für ein halbes Jahr fast umsonst zu Verfügung gestellt." Mittlerweile entspreche die Miete marktüblichen Preisen.

Neben Schreibtischen auch ein Fablab

Vor drei Jahren wollte der studierte Politikwissenschaftler und Betriebswirt Fahle gemeinsam mit vier Freunden einen Raum schaffen, der mehr dem Gefühl entsprechen sollte, das sie auf der Uni erlebt hatten, als den ersten schnöden Arbeitserfahrungen. Platz für Experimente sollte er bieten und für eigene Projekte.

Seit 1. April 2009 arbeiten auf mehreren Etagen Freiberufler aus verschiedenen Bereichen: von der Grafikerin, über den Programmierer, bis zum Fotografen. Ein Fablab stellt Designern und anderen Bastlern Fräsmaschinen, Lasercutter und 3D Drucker zu Verfügung.

In einer Ecke im zweiten Stock sitzt eine Mitzwanzigerin, mit Ohrenstöpseln akustisch verbarrikadiert. Eva Wideman macht derzeit ein Praktikum im Anwaltsbüro, das sich im obersten Stock angesiedelt hat und das viele Insassen im Betahaus etwa bei Firmengründungen berät. Den klassischen Anwaltsbusinesslook sucht man bei ihr vergebens. Auch darf sie sich jeden Tag aussuchen, wo im Betahaus sie ihren Computer aufklappt.

200 bis 250 fixe User hat das Betahaus, wie die Gründer ihre Mitglieder nennen. Für 240 Euro bekommt man einen fixen Arbeitsplatz. Für 80 Euro kann man an zwölf beliebigen Tagen im Monat kommen.

Wiener Kaffeehaustradition als Inspiration

Christoph Fahle schwärmt von den Vorbildern für das Betahaus. Nicht dazu gehört der Ur Coworking Space, der Citizen Space in San Franzisco, der mittlerweile wieder zugesperrt hat. Mit seinen zwanzig Schreibtischen, war das nicht mehr als ein Gemeinschaftsbüro, meint der Betahaus Gründer.

Die Vorbilder für das Betahaus sind älter. "Die Inspiration haben wir uns in Wiener Kaffeehäusern geholt. Um die Jahrhundertwende sind da eine Menge Schriftsteller und andere Kreative herumgehockt um zu arbeiten. Im Winter war es praktisch, weil man sich die Heizkosten sparen konnte. Das Kaffeehaus war auch ein halb öffentlicher, halb privater Raum, an dem man für sich sein aber auch Leute treffen kann. Das möchten wir auch mit dem Betahaus bieten. Obendrein natürlich auch einen Drucker und ein schnelles Netz."