Integration: 125 Vorschläge von SOS-Mitmensch
Die neuen Staatsbürgerschaftspläne von Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz seien einer sinnvollen Integration sicher nicht zuträglich, sagen Expertinnen und Experten, die auf Initiative von SOS Mitmensch ein Gremium gegründet haben. Für die Probleme im Integrationsbereich haben sie 125 Lösungsvorschläge ausgearbeitet.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 29.10.2012
"Zu hohe Einkommenshürden"
2003 wurden in Österreich etwa 45.000 Menschen eingebürgert, 2011 6.700. Für Alexander Pollak von SOS Mitmensch ist angesichts dieser Zahlen die Aussage von Sebastian Kurz, bisher sei die Staatsbürgerschaft oft verschenkt worden, völlig inakzeptabel.
"Das ist eigentlich ein Hohn auf alle, die in den vergangenen Jahren keine Möglichkeit hatten die Staatsbürgerschaft zu bekommen, weil sie die sehr hohen Einkommenshürden nicht erfüllen", sagt Pollak. 1.000 Euro pro Monat müssen Staatsbürgerschaftswillige verdienen. Das würden übrigens rund 40 Prozent der österreichischen Arbeiter und rund 70 Prozent der Arbeiterinnen nicht schaffen, sagt Gerd Valchars vom Institut für Staatswissenschaft an der Universität Wien.
"Auflagen weiter verschärft"
Aus seiner Sicht werden die Hürden noch erhöht. "Auch sechs Jahre sind im internationalen Vergleich eine lange Periode. Es scheint hier zu einer Erhöhung der Auflagen zu kommen, nicht nur diese drei Jahre Freiwilligenarbeit, sondern auch was das Einkommen betrifft", sagt Valchars. Und noch etwas nennt er: Wer keine Staatsbürgerschaft hat, darf auch nicht wählen und das hat Folgen. "21 Prozent der Wiener Bevölkerung im Wahlalter besitzt kein Wahlrecht. Nimmt der Anteil der Bevölkerung ohne Staatsbürgerschaft zu, nimmt die Qualität der Demokratie ab."
Integrationsbedarf in Bildung und am Arbeitsmarkt
Aber auch in anderen Bereichen hinkt Österreich in der Integration weit hinterher, so die Experten. Beispiel Bildung, die hierzulande bekanntlich vererbt wird. Maria Steindl vom interkulturellen Zentrum fordert nicht nur eine gemeinsame Schule der 6 bis 14jährigen: "Es braucht leistbare Kinderbetreuung und wir fordern ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr."
Beispiel Arbeitsmarkt: Die Wirtschaft sucht Fachkräfte im Ausland, gleichzeitig dürfen Familienangehörige nur eingeschränkt und Asylwerber nicht arbeiten, kritisiert Mümtaz Karakurt vom Zentrum Migrare in Oberösterreich.
Der Expertinnen- und Expertenrat fordert die Politik auf, endlich die Papiere in den Schubladen umzusetzen, denn vom Integrationsspitzenreiter sei Österreich meilenweit entfernt.