Ein Besuch im Holocaust Centre von Kapstadt

Von der Kultur der Menschenrechte

"Eine Gesellschaft, in der Menschenrechte und kulturelle Vielfalt respektiert und wertgeschätzt werden" - diese Vision hat die Südafrikanische Holocaust Stiftung zur Grundlage ihrer Arbeit gemacht. In drei Zentren - in Johannesburg, Durban und Kapstadt - soll nicht nur an die tragische Geschichte der sechs Millionen Juden erinnert werden, die den Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Man will auch auf die Gefahren von Rassismus und Intoleranz in der Gegenwart hinweisen.

Das interaktive Holocaust-Zentrum von Kapstadt war die erste Niederlassung der Stiftung und beherbergt eine der eindrucksvollsten Ausstellungen des Landes. Seit gut eineinhalb Jahrhunderten prägen die jüdischen Einwanderer und deren Nachfahren Südafrikas Kultur, Wirtschaft und Politik. Im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts kamen sie - mehrheitlich aus dem Osten Europas - nach Südafrika. Ihr Leben, ihr Leidensweg und der Neuanfang auf einem anderen Kontinent, werden in Bild- und Tondokumenten nachgezeichnet. Das Zentrum bietet aber auch Einblicke in die Geschichte der Apartheid und deren Folgen. Anhand dieser beiden historischen Verbrechen stellt man im Holocaust Zentrum von Kapstadt aus unterschiedlichen Perspektiven die Frage nach der Würde des Menschen und deren Bedeutung gestellt.

"Seiner Vergangenheit kann man nicht entfliehen - man muss sie verstehen, damit sie sich nicht wiederholt", sagt Richard Freedman, der Direktor des Holocaust Zentrums von Kapstadt und der Südafrikanische Holocaust und Genozid Stiftung. Die jüdische Gemeinschaft in Südafrika, die stark von der Zuwanderung aus Litauen geprägt wurde, war schon einmal größer, so der Direktor. In den 1960-er Jahre lebten etwa 120.000 Juden im Land. Beinahe die Hälfte verließ Südafrika aus politischen Gründen. Derzeit umfasst die jüdische Gemeinde an die 65.000 Personen. Gemessen an einer Gesamtbevölkerung von 50 Millionen eine eher kleine Gruppe, meint Richard Freedman.

Gegen Marginalisierung und die Hetzkampagnen

Vor 1994 wäre eine Ausstellung, wie diese, in Südafrika nicht möglich gewesen, erzählt Richard Freedman. Mit dem Ende der Apartheid begann der Weg in ein neues Südafrika. Der frühere Präsident, Frederik Willem de Klerk, kam zur Ausstellungseröffnung in das1998 eröffnete Holocaust-Zentrum und hielt seinen Ärger über Vergleiche mit der Apartheid nicht zurück. Umso deutlicher wird wurde in den einzelnen Bildern, Texten und Tondokumenten herausgearbeitet, dass nur die Intention der Marginalisierung und die Hetzkampagnen einen Vergleich mit dem Naziregime der Vorkriegszeit zulässt.

Die Philosophie des Zentrums richtet sich gegen Stereotype und Marginalisierungen, gegen das Bild des so genannten anderen. Das Holocaust Zentrum bietet vielfältige Möglichkeiten, sich auch mit den realen Problemen von Kapstadt, von Südafrika zu beschäftigen. Es gilt, Haltungen zu reflektieren, zu erkennen, was in der Gesellschaft gegenwärtig passiert und Vorurteilen jeder Art entschlossen entgegen zu treten. Über den Holocaust zu hören - so der Direktor des Zentrums - bringt die Leute rasch dazu, zu begreifen, was menschliche Wesen einander antun können.

Aus der Ausstellung entlassen werden die Besucher mit dem Zitat eines Schirmherrn dieser Institution, mit den Worten des Erzbischof Desmond Tutu: "Wir lernen über den Holocaust, damit wir menschlicher, sorgfältiger und mit großer Leidenschaft jeden Menschen als einzigartiges Wesen wertschätzen."