Was und trennt, ist die gemeinsame Sprache

Die "Café Sonntag"-Glosse von Severin Groebner

Der Deutsche in Österreich hat es zweifelsohne nicht leicht. Dauernd wird er mit Begriffen bombardiert, die er nicht versteht. "Piefkei" etwa. Oder "Marmeladinger".

Aber ganz ehrlich, dem Österreicher in Deutschland geht es nicht viel besser.
Zuerst wird er einmal gerne mit einem Bayern verwechselt. Meistens von Düsseldorfern, Hannoveranern oder Berlinern, die Konstantin Wecker für einen Wiener und Udo Jürgens für einen Deutschen halten. Dieses Missverständnis wäre ja schnell aufzuklären, wenn, ja wenn, sich der Österreicher wenigstens einigermaßen verständigen könnte. Aber das gelingt erst nach Jahren. Denn so schöne, weltbekannte Worte wie "fladern", "knotzen" oder "Powidldatschkerln" sind dem Deutschen überhaupt kein Begriff. Und wenn der Österreicher dann versucht auf nonverbale Kommunikation auszuweichen und die Kunst der Küche sprechen zu lassen, dann stößt er schon wieder auf unüberwindbare Hürden. Wie will man denn auch Wiener Schnitzel machen, wenn es keine Semmelbröseln gibt? Selbst die Erklärung "man bräuchte die für die Panier", stößt auf blankes Unverständnis. Denn die Panier heißt in Germanien "Panade" und die Bröseln "Paniermehl". Hürden wohin man schaut. äh...hört.

Apropos hören. Hören kann der Deutsche gar nicht gut. Denn selbst wenn er interessiert ist, korrektes - also österreichisches - Deutsch zu lernen und man sich mit ihm hinsetzt und ihm Wort für Wort vorspricht, dann - spricht er immer noch alles falsch aus. Sagt "Leihwand", statt leuwond, als wäre es eine Wand zum Leihen. Weil der Deutsche dauernd versucht Bedeutung herzustellen. Dass geliehene Wände zwar eine oberflächliche Bedeutung haben, aber keinen Sinn ergeben, ist ihm wiederum völlig egal. Und so macht er weiter. Zwingt alles in bedeutende Betonungen ohne Sinn. Vielleicht ist er ja tief drinnen ein Dadaist?

So macht er auch aus dem Fiaker, einen Viehacker. Bitte was? Kartoffelacker mag es ja geben, selbst einen Ackergaul, oder gar ein Acker-Vieh. Aber was soll ein Vieh-Acker sein? Die Viecher wachsen doch nicht aus dem Boden?!

Und doch gibt es auch ganz wunderbare positive Überraschungen in Germanien: Wenn es beispielsweise einen Untersuchungsausschuss gibt und die Bundeskanzlerin geladen wird, dann erscheint die dort auch. Und sagt aus. Wow! Das verwundert den Österreicher dann doch sehr.

Und selbst mitten in dieser riesigen, kulinarischen Wüste zwischen Alpen und Dänemark, irgendwo zwischen dampfenden Schweinebraten auf der einen und Curry-Wurst-mit-Pommes-Schranke auf der anderen Seite serviert man einem plötzlich, unerwartet sogenannten Spundekäs und Handkäs mit Musigg. Was nichts anderes ist als Liptauer und Quargel in Essig und Öl. Und hervorragend zu dem am Rhein ausgeschenkten Wein passt, der einen die heimischen Tropfen - wenn schon nicht vergessen - zumindest nicht mehr vermissen lässt.

Und dann sitzt man da und denkt sich, eigentlich ganz schön da. Hebt das Glas und sagt: Leiwand da in der Piefkei! Und alle Marmeladinger rundherum schauen den Österreicher mit großen Augen an. Denn sie haben wieder überhaupt nichts verstanden.