Neue Kritik an alten Niedrigmieten

Die steigenden Mieten lassen den Ruf nach einer gesetzlichen Obergrenze lauter werden. Die Zinshausbesitzer wiederum klagen über extrem günstige Altverträge, die nicht einmal die Kosten decken. In Wien zahlt demnach jeder dritte Mieter in einer Altbauwohnung nur einen Bruchteil dessen, was mittlerweile üblich ist.

Mittagsjournal, 17.11.2012

Diskriminierte und Privilegierte

Wer Glück hat, kann in Wien immer noch ziemlich günstig wohnen. Entweder in einer ehemaligen Friedenszins-Wohnung, oder in den sogenannten Kategorie-Mietwohnungen. Änderungen im Mietrecht hat es hier zwar in den 80er- und 90er- Jahren gegeben, dennoch zahlen die Mieter mit diesen Altverträgen im Schnitt nur ein Drittel dessen, was am Markt üblich ist, sagt Thomas Malloth vom Fachverband der Immobilientreuhänder: "Das führt zu einem Markt von Diskriminierten und Privilegierten Mietern: Privilegierte, und das ist das "Schlimme", sind diejenigen, die Älter oder "Gestopfter" sind, und die Jungfamilie kann sich dieselbe Wohnung im selben Stock nicht leisten."

Leichter Missbrauch bei Altverträgen

Ein besonderer Dorn im Auge ist der Immobilienwirtschaft, dass diese günstigen Altverträge nach wie vor sehr leicht innerhalb der Familie weitergegeben werden können. Nicht nur an minderjährige Kinder und Ehepartner, sondern auch an Enkelkinder, Geschwister und Eltern. Auf dem Papier müssen diese Familienmitglieder zwar mindestens zwei Jahre dort wohnhaft sein, bevor sie die Wohnung übernehmen. Weil aber die Meldung des Hauptwohnsitzes als Nachweis akzeptiert wird, wird der Missbrauch leicht gemacht. Dabei geht es allein in Wien um jede dritte Altbauwohnung, das sind rund 80.000 Wohnungen.

Tauschhandel denkbar

Thomas Malloth schlägt daher vor, die Altverträge über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren langsam anzuheben. Damit könnte man auch den Druck aus dem Markt nehmen der derzeit besteht, sagt Malloth: "Das heißt, der, der Vermietet, muss in der Neuvermietung möglichst viel hereinholen, weil er es vom Altmieter nicht bekommt. Das bewirkt eine Schieflage und ist zutiefst sozial ungerecht."

Änderungen könne man sich durchaus vorstellen, heißt es dazu bei der Mietervereinigung. Ein Eingreifen in bestehende Verträge komme zwar nicht in Frage. Aber man könne sich Änderungen bei den Eintrittsrechten vorstellen. Also bei der Frage, ob beispielsweise Enkelkinder und erwachsene Kinder weiterhin in den Vertrag eintreten können. Im Gegenzug müssten sich aber auch die Hausbesitzer bewegen. Etwa, wenn es um die Zuschläge bei neuen Mietverträgen geht, sagt Georg Niedermühlbichler von der Mietervereinigung, diese sollten mit 25 Prozent begrenzt werden: "Wenn es hier gelingt, günstiger zu werden, kann man über das andere reden. Was sicher nicht geht: Dass wir die Eintrittsrechte diskutieren und bei den Neuvermietungen alles so bleibt, wie es ist."

Für eine Lösung bei Zuschlägen und Altverträgen müssten sich also beide Seiten, Mieter und Vermieter bewegen, und in weiterer Folge SPÖ und ÖVP für ein neues Bundesgesetz – das war in den letzten Jahren nicht der Fall. Ein Insider sagt, das ganze erinnere ihn an ein Spiel Mikkado - wer sich zuerst bewegt, verliert.