"Ambiente" - Seit 25 Jahren unterwegs

Reisen mit allen Sinnen

Ein nebeliger Sommermorgen in der Nähe von Abisko in Schweden nach einer kalten Nacht im Zelt. Langsam arbeitet sich die Sonne durch, der feuchte Boden dampft. In der Ruhe der moorigen Hochebene liefern die vielfältigen Geräusche der Natur ein stimmungsvolles Konzert: das Gurgeln des Baches, das Surren der Insekten, die Schreie der Vögel, plötzlich der Brunftschrei eines Elches.

Abfahrt der Fähre von Kefalonia in Richtung Ithaki: durcheinanderrufende Menschen, das Hupen der Autos, die im Bauch des Bootes verstaut werden, das Stampfen der Motoren, Musik aus dem Hafen-Kafenion, der metallische Klang beim Hochklappen der Auffahrtsrampe, der Ruf des Schiffshorns. In der Nase noch der Duft von frisch gebratenen Souvlaki.

Matt Molloy's Pub in Westport: Die dunkle, holzgetäfelte Höhle ist gerammelt voll, (damals noch) Rauchschwaden bis zur Decke, Guinness- und Jameson-Trinker diskutieren angeregt an der Bar, im Hinterzimmer haben sich ein paar Musiker zu einer unaufgeregten Session zusammengefunden, irischer Folk vom Feinsten. Mitten im Trubel erzählt ein Ire seine Lebensgeschichte - konzentriert und fesselnd.

Das sind drei Szenen von vielen, die Ambiente seit 25 Jahren den Ö1 Hörer/innen zu Gehör bringt und damit jenen Momenten des Reisens Aufmerksamkeit schenkt, die üblicherweise in der Flut der Wahrnehmungen untergehen. In 25 Jahren hat sich die Welt verändert, auch das Radio und natürlich auch das Reisen für den Hörfunk. Weiße Flecken auf den Landkarten gibt es kaum noch. Dafür sind manche Gebiete, die früher beliebte Reiseziele waren, durch politische Veränderungen zu Sperrgebieten geworden. Einstige Geheimtipps haben sich in Massentourismusziele verwandelt, Industriegebiete sind zu Kulturmeilen mutiert, Flughäfen und Bahnhöfe - die einstigen "Kathedralen der Fortbewegung" - sind zu hektischen Transport-Umschlagplätzen geworden. Die Faszination am Unterwegssein in einer globalisierten Welt hat sich angesichts der reisenden Massen ziemlich abgenützt.

Gegen den (Touristen-)Strom

"Ambiente" ist ein Versuch, zu zeigen, dass es möglich ist, das Reisen von der modernen Tourismusmaschinerie zu emanzipieren, sich einen selbst gewählten, langsameren Reiserhythmus zu gestatten, den eigenen Wahrnehmungen zu vertrauen und Ausflüge abseits der ausgetretenen Tourismuspfade zu unternehmen, sowie Massentourismusziele zu hinterfragen.

Nachhaltigkeit ist ein immer wichtigeres Thema, und im Zuge "respektvollen Reisens" ist es unsere Absicht, der Bevölkerung der besuchten Regionen mit Achtsamkeit zu begegnen. Dazu gehört die Information über die politischen und gesellschaftlichen Bedingungen, über die Lebensverhältnisse der Menschen und über die wirtschaftlichen Koordinaten.

Am wichtigsten jedoch sind die Begegnungen unterwegs, die Gespräche mit Menschen, die uns Einblicke in ihren Alltag gewähren. Ihre Geschichten und Schicksale schaffen Verständnis für fremde, manchmal schwer begreifliche Kulturen. Das Zuhören ist ein erster Schritt für etwas Gemeinsames, das Reisen ja eigentlich auch sein sollte. "Ambiente" versteht sich auch als Projekt der Verständigung zwischen den Kulturen. Mit unserem Hinhören und Hinschauen, Nachdenken und Nachfragen erweisen wir der "Fremde", die sich durchaus auch im eigenen Land, im eigenen Kontinent befinden kann, unseren Respekt. Mit unseren Features wollen wir unsere Erfahrungen in aller Welt mit den Ö1 Hörer/innen teilen und ihnen Mut machen, auch gegen den Strom oder einfach anders unterwegs zu sein.

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