Film im Film

Was im Film zieht, sind die menschlichen Abgründe. Das denkt sich auch ein Drehbuchautor aus L.A. und beschließt daher, gleich sieben Psychopathen in sein neues Skript einzubauen. "7 Psychos" heißt deshalb auch die tiefschwarze Komödie des Iren Martin McDonagh, der mit dem Drehbuch zu seinem Erstling "Brügge sehen... und sterben" gleich eine Oscar-Nominierung eingefahren hat.

McDonagh bedient mit "7 Psychos" das Genre "Film im Film", das in der Kinogeschichte schon von ganz unterschiedlichen Regisseuren auf ganz überraschende Weise genutzt wurde.

Psychopathen unter sich

Drehbuchautor Marty leidet unter einer veritablen Schreibhemmung. Sein neues Drehbuch trägt mit "7 Psychos" zwar einen marktschreierischen Titel, viel mehr ist da allerdings nicht. Wo die Fantasie auslässt, muss die Realität nachhelfen und so machen sich Marty und sein hilfsbereiter bester Freund per Annonce auf die Suche nach Psychopathen und ihren außergewöhnlichen Geschichten. Mit solchen Gestalten lässt sich aber nicht spaßen, und deshalb sehen sich die beiden schon bald hineingerissen in einen Strudel aus Absurditäten und Gewalt. Die Wirklichkeit führt Martys Stift, so dass der kaum noch dazu kommt, seinem Buch eine Linie zu geben.

Drehbuchautor Marty, dargestellt übrigens von Colin Farrell, trägt nicht zufällig den Vornamen von Regisseur Martin McDonagh. Er habe einen kräftigen Schuss Wahrheit in diesen Film gesteckt, meinte McDonagh dann auch im Interview. Denn es ging ihm darum zu zeigen, was einen guten Film und eine gute Story ausmacht.

Fellini im Ideenchaos

Um aus dem Nähkästchen zu plaudern oder auch um die eigene Position als Filmemacher zu reflektieren, dafür eignet sich das "Film im Film"-Genre wie kein anderes. Spielerisch und verspielt hat das Federico Fellini 1963 mit "8 1/2" vorgeführt. Seine Hauptfigur ist da ein Regisseur, dem mitten in den Dreharbeiten zu seinem neuen Film die Inspiration ausgeht. Das hatte ganz reale Wurzeln, denn Fellini steckte damals in einer Schaffenskrise. In seinem Kopf tanzten die Ideen, er fand jedoch keine Struktur, um sie zu bändigen. Der Arbeitstitel für den späteren Oscarerfolg "8 1/2" war dann auch "La bella Confusione", also "Das schöne Chaos".

Fellini denkt aber auch über den kreativen Akt an sich nach. Über die Wechselwirkung von Wirklichkeit und Fiktion und über die Bedeutung des Unbewussten. Eine besondere Rolle nahmen da bei ihm die Träume ein. In ihnen fand er häufig, erzählt Regiekollege Terry Gilliam, die Lösung für seine Probleme in der Wirklichkeit. Fellini hat mit "8 1/2" also so etwas wie eine Film gewordene Traumdeutung vorgelegt. Und so fantastisch der Figurentanz in seiner Komödie auch sein mag, so authentisch sind die zu Grunde liegenden Probleme.

Maggie Cheung als Maggie Cheung

Auf Authentizität hat auch Olivier Assayas bei seinem Ausflug ins "Film im Film"-Genre gesetzt. In "Irma Vep" aus dem Jahr 1996 richtet er den Focus auf die Figur des Schauspielstars. Als Hauptdarstellerin hat Assayas damals die Hongkong-Chinesin Maggie Cheung engagiert. Sie soll im Remake eines alten Stummfilmklassikers spielen und anhand ihrer Person zeigt er auf, wie Schauspieler mit jeder Produktion in eine völlig fremde Welt geworfen werden. Dieses Geworfensein fand in "Irma Vep" auch tatsächlich statt. Olivier Assayas verlangte von ihr damals, dass sie sich selbst spiele, so Maggie Cheung.

In "Irma Vep" geht es aber nicht nur um die Qualen der Schauspieler, sondern auch um einen von den Produktionsbedingungen überforderten Filmemacher. Vorbild für Assayas Film stand deshalb auch Rainer Werner Fassbinders "Warnung vor einer heiligen Nutte", in der ein Regisseur zwischen Nervenzusammenbruch und Starallüren schwankt.

Geschichten, die das Leben schrieb

In die gleiche Kerbe schlägt auch die amerikanische Komödie "Living in Oblivion" von Tom DiCillo. Ein amerikanischer Independent-Filmemacher kämpft da mit ignoranten Mitarbeitern und wachsendem finanziellen Druck. Eine Geschichte, die das Leben schrieb, erzählt Tom DiCillo: "Ich hatte plötzlich diese verrückte Idee, statt mich gegen dieses kranke Filmbusiness aufzulehnen, einfach einen Film darüber zu machen. Ich wollte zeigen, wie dieses Medium, das ja eigentlich dazu da ist, Schönes zu schaffen, sich von einem Moment auf den anderen gegen dich wenden kann. Unter diesen Voraussetzungen halte ich es immer noch für ein Wunder, dass jemals ein Film fertig gestellt werden konnte."

Im Genre "Film im Film" geht also ans Eingemachte und um ein gefinkeltes Paradoxon. Denn letztlich entstehen hier Filme, die über die Unmöglichkeit erzählen, einen Film zu drehen.