SOS-Kinderdorf: Neue Regeln für Erzieher

In den vergangenen zwei Jahren sind einzelne Einrichtungen von SOS-Kinderdorf immer wieder in die Kritik geraten. So haben Eltern und Kinder aus einem SOS-Heim im oberösterreichischen Altmünster Vorwürfe erhoben, die aber SOS-Kinderdorf immer zurückgewiesen hat. Aber sie sind für die Organisation nun der Anlass, ihre internen Regelungen zu konkretisieren.

Morgenjournal, 2.1.2013

Regeln gegen Gewalt

Es ist nicht gut gelaufen in manchen Einrichtungen, sagt die pädagogische Leiterin bei SOS-Kinderdorf, Elisabeth Hauser. "Zum Glück" meint sie, "denn wir wollen daraus lernen". Entstanden sind Regeln für Grenzsituationen - im Umgang mit Kindern, die daheim Gewalt oder Vernachlässigung erlebt haben. Dass Gewalt gerade an diesen Kindern verboten ist - auch wenn die Kinder anstrengend sind - das hat natürlich bisher schon gegolten. Aber jetzt wird in "best-practice"-Regelungen präzisiert, etwa wann Erzieherinnen und Erzieher Kinder festhalten dürfen: "Wenn Fremd- oder Eigengefährdung sichtbar wird", dann sei das Eingreifen "Bürgerpflicht", so Hauser. Raufereien und Streitereien lasse man zu, aber Gewalt sei eine "andere Dimension".

"Konsequenzen" statt Strafe

Die Regeln gelten für den Umgang mit den über 1.500 Kindern bei SOS-Kinderdorf. Sie könnten aber auch für Lehrer oder Eltern gelten. Denn auch lächerlich machen sei Gewalt und bedeute extremen Gesichtsverlust für das Kind, "und das lassen wir nicht zu - nicht unter den Kindern und schon gar nicht seitens der PädagogInnen." Das Wort "Strafe" für Kinder möchte die SOS-Chefpädagogin eigentlich gar nicht mehr verwenden, sie spricht von "Konsequenzen" und "vereinbarten Regeln". Beispiel: "Ein Kind, das ein anderes Kind immer wieder attackiert, weiß jetzt im Vorhinein, dass es dann gemeinsam mit einem Betreuer den Raum verlassen muss und nicht mehr Teil der Gruppe sein kann für eine kurze Zeit."

Gewalt und Essen

Gegen eine SOS-Einrichtung im oberösterreichischen Altmünster waren mehrere Vorwürfe erhoben worden: Kinder seien alleine eingesperrt worden, Erzieher hätten Kinder leicht auf den Kopf geschlagen. Die Organisation bestreitet das. Nur dass ein Kind quasi zur Beruhigung mit kaltem Wasser abgespritzt wurde, wird bestätigt. Das sei zwar mit einem Arzt abgesprochen gewesen, sei aber künftig nicht mehr zulässig. Stimmen dürfte auch, dass Kinder in Altmünster gedrängt wurden, ihnen unbekanntes Essen zu kosten. Die Regel lautet nun, animieren ja, zwingen nein: "Es wir ihnen angebote, und wenn sie es nicht essen, dann essen sie es eben nicht. Dann bekommen sie auch was anderes."
Durch das Foto eines selbstgemachten Plakats ist nachgewiesen, dass Kinder in einer Einrichtung bei bestimmtem Fehlverhalten ohne Essen ins Bett geschickt werden sollten oder konnten. Elisabeth Hauser: "Wie auch immer das Plakat entstanden ist, so etwas ist unzulässig und das wollen wir nicht."

Keine Entlassungen

Umgesetzt werden sollen die Vorgaben durch eine gute Teamkultur bei SOS-Kinderdorf. Gewaltvorfälle und Konsequenzen sollen mit den Kindern besprochen werden. Wenn ein Erzieher überfordert erscheint, soll es möglich sein, das im Team anzusprechen und dann an den Problemen zu arbeiten. Kündigungen oder Entlassungen habe es nach den Vorwürfen auch im Heim Altmünster nicht gegeben.