Porträt David Daniels
Die Opern Händels oder Vivaldis, aber auch Mozarts Jugendopern kann man sich heute nicht mehr ohne die Mitwirkung von Contertenören vorstellen. Noch vor einigen Generationen war das ganz anders. Namen wie Deller, Bowman oder René Jacocs erneuerten diese Kunst, die lange in Vergessenheit geraten war und eigneten sich jene Rollen an, die einst für sogenannten Kastraten geschrieben worden waren.
8. April 2017, 21:58

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René Jacobs steht am Pult des Freiburger Barockorchesters, wenn ab Sonntag im Theater an der Wien Georg Friedrich Händels eher selten gespielte Oper "Radamisto" erklingt. Den Titelheld, eben Radamisto, singt der berühmte Countertenor David Daniels.
Kulturjournal, 18.01.2013
"Zu sagen, er sei der beste Countertenor aller Zeiten bedeute, seine Leistung unterzubewerten, er ist einfach ein großartiger Sänger",schrieb die "New York Times" über den Countertenor David Daniels und da schwingt natürlich auch Nationalstolz mit, denn der Sohn zweier Gesangspädagogen ist Amerikaner, aber sicher gehört er zu den gefragtesten Countertenören unserer Zeit - mit dem Franzosen Philippe Jarousky oder seinem Landsmann Bejun Mehta. Was die "New York Times" aber vielleicht ausdrücken wollte, ist wohl seine unprätentiöse Art, die ohne Allüre und vielleicht auch die Feminität daherkommt, die man oft mit Countertenören verbindet. Und seine große Musikalität und Darstellungskraft.
David Daniels ist ein viriler, eher untersetzter Sänger, dem man die Tugendhaftigkeit abnimmt, mit der er als Radamisto gegen seinen Widersachers, den Tyrannen Tiridate antritt.
"Rivalitäten interessieren mich nicht"
Berühmt waren ja auch zu Händels Zeiten die Rivalitäten der Countertenöre, der Film über den Kastraten Farinelli machte diese allgemein bekannt. David Daniels singt oft jene Rollen, die Händel einst für den Gesangsstar Sensino geschrieben hat. Doch von den Rivalitäten will Daniels heutzutage nichts wissen:
"Nein, nein, ich bin freundlich, ich bin heute 46 Jahre alt, vielleicht habe ich früher diese Spiele gespielt; ich bin jetzt zwanzig Jahre im Geschäft und Rivalitäten und Neid interessieren mich nicht, ich genieße die letzten Jahre meiner Karriere." Hoppla, was heißt die letzten Jahre seiner Karriere? David Daniels spezifiziert, nein, er sei auf der Höhe seines Könnens momentan, aber er habe auch andere Interessen, wie etwa Gesang zu unterrichten.
Eine Frage, die ihm immer wieder gestellt werde, sei, wie lange eine Countertenor singen könne, Daniels verweist auf den älteren Kollegen James Bowman. Ein jüngerer Kollege ist Bejun Mehta, der wie Daniels Amerikaner ist. Mehta singt ebenfalls im Theater an der Wien oder den Salzburger Festspielen und insgesamt mehr in Europa als Daniels, aber es gäbe da ein gutes Verhältnis und mit Andreas Scholl sei Daniels sogar auf Facebook befreundet, sagt er.
Fast eine neue Rolle
Die Rolle des Radmisto hat David Daniels bereits in Santa Fé gesungen, aber mit René Jacobs sei es wie eine neue Rolle einzustudieren, sagt er. Nach der Aufführungsserie im Theater an der Wien wird David Daniels mit "Radamisto" konzertant auf Tournee gehen, das füge sich alles gut zusammen und am besten wäre jetzt gleich auch eine Aufnahme, sagt der Vermarktungsstratege David Daniels.
Besonders freut sich David Daniels auf die Uraufführung einer Oper, die für ihn geschrieben wurde und von Oscar Wilde handelt, im Gefängnis und in der Nacht vor dem Prozess, eine auch heute noch relevante Geschichte, sagt der bekennende Homosexuelle David Daniels.