Naturgeschichte: Forschung statt "Rassensaal"

16 Jahre hat es gedauert, bis die Verantwortlichen des Naturhistorischen Museums die umstrittenen Anthropologiesäle umgestaltet haben. Umstritten deshalb, weil es da zum Beispiel einen "Rassensaal" gab, wo die Entwicklung des Menschen zu sehen war, wie sich das manche in der Nazi-Zeit vorgestellt haben.

Heute werden die neuen Anthropologie-Säle eröffnet, wo sich die Besucher ein Bild machen können vom heutigen Wissensstand über die Geschichte der Menschheit.

Morgenjournal, 29.1.2013

"Lucy", ein über drei Millionen Jahre alter weiblicher Australopithecus, wurde für diese Schau lebensecht rekonstruiert und noch ältere versteinerte Fußspuren als erste Zeugnisse des aufrechten Gangs in den Boden eingelassen. Die Fußspuren von Laetoli entstanden in einer vulkanischen Ascheschichte, wie die Leiterin der anthropologischen Abteilung, Maria Teschler, erklärt.

An anderer Stelle stehen Neandertaler und ein Homo Sapiens in einer Figurengruppe nebeneinander, um zu zeigen, dass es mindestens 10.000 Jahre waren, in denen sie Europa gemeinsam bevölkerten. Warum der Homo Sapiens den Neandertaler dann verdrängt hat, ist ungeklärt.

Sackgassen und Erfolgsmodelle

Es ist eine zentrale Aussage dieser Ausstellung, dass die Entwicklung des Menschen nicht linear erfolgte, es gab Sackgassen ebenso wie Erfolgsmodelle. Das Werden der Menschheit wird aber nicht nur historisch und biologisch untersucht, ganz besonderes Augenmerk wird auf Kulturleistungen wie die Verwendung des Feuers oder die Jagd gelenkt. Solche Kulturleistungen lassen vor allem Rückschlüsse auf das soziale Leben der ersten Menschen zu.

Interessante Neufunde der letzten Jahre sind der Sahelantrhopus, der möglicherweise erste "Aufrechtgänger" vor sechs Millionen Jahren, oder der sogenannte Hobbit aus Indonesien, der erst 2003 entdeckt wurde. Aber auch den Sensationsfund aus dem Jahr 2005: die Zwillinge vom Wachtberg in Krems.

Multimediale Aufbereitung

Besonders spannend ist die multimediale Inszenierung: Da gibt es etwa Bildschirme, auf denen man Neandertaler inmitten der Ausstellungsbesucher herumwandern sieht, und in einer Kabine können Kinder von sich selbst als Urmensch ein Foto machen, und dieses dann sofort verschicken.

Der Hit der Wissensvermittlung ist ein Touchscreen, auf dem man wie ein Forscher mittels Mikroskop, Lupe und Röntgen Alter, Geschlecht und vermutliche Todesursache virtueller Skelette eruieren kann.

Mit dieser interaktiven Art der Aufbereitung wird die Ausstellung vermutlich ein neuer Publikumsmagnet im Naturhistorischen Museum.

Service

Ö1 Club-Mitglieder bekommen im Naturhistorischen Museum eräßigten Eintritt (EUR 2,-).

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