Das Art Brut Center und seine famosen Bewohner

Gugging revisited

Maria Gugging, gelegen zwischen Klosterneuburg und Tulln im Wienerwald, erstmals urkundlich erwähnt 1072, von 1885 bis 2007 Standort einer Landesnervenheilklinik.

Heute Sitz des Institute for Science and Technology Austria, umgangssprachlich auch als "Elite-Uni" bezeichnet, und des Art Brut Centers; mit einem Haus der Künstler, einem Museum, einer Galerie und einem Atelier. Wohn- und Arbeitsumfeld einer besonders talentierten und eigenwilligen Schar von Künstlerinnen und Künstlern.

  • Karl Vondal und Andreas Franz posieren für das Foto

    Karl Vondal und Andreas Franz posieren für das Foto.

    (c) Mitterer, ORF

  • Sozialpädagogin Ramona Schnekenburger wacht vorne links über das Atelier, die Künstlerin Laila Bachtiar rechts hinten packt zusammen

    Sozialpädagogin Ramona Schnekenburger wacht vorne links über das Atelier, die Künstlerin Laila Bachtiar rechts hinten packt zusammen.

    (c) Mitterer, ORF

  • Lailas Platz muss sauber und leer sein, sonst kann sie nicht arbeiten

    Lailas Platz muss sauber und leer sein...

    (c) Mitterer, ORF

  • Lailas Platz muss sauber und leer sein, sonst kann sie nicht arbeiten

    ... sonst kann sie nicht arbeiten.

    (c) Mitterer, APA

  • Maria Gugging idyllisch – die Aussicht vom Atelier

    Maria Gugging idyllisch – die Aussicht vom Atelier

    (c) Mitterer, ORF

  • Johann Garbers Werkstatt im Haus der Künstler mit altem Ofen: alles wird zur Leinwand

    Johann Garbers Werkstatt im Haus der Künstler mit altem Ofen: alles wird zur Leinwand

    (c) Mitterer, ORF

  • Garbers Krickerl-Sammlung

    Garbers Krickerl-Sammlung

    (c) Mitterer, ORF

  • muntere Fische im Aquarium, gestaltet von August Walla

    Muntere Fische im Aquarium, gestaltet von August Walla

    (c) Mitterer, APA

  • Kann bei Spazialführungen besichtigt werden: August Wallas Zimmer im „Haus der Künstler“

    Kann bei Spazialführungen besichtigt werden: August Wallas Zimmer im „Haus der Künstler“

    (c) Mitterer, ORF

  • Freundliche Räume mit freundlichen Werken im „Haus der Künstler“

    Freundliche Räume mit freundlichen Werken im „Haus der Künstler“

    (c) Mitterer, ORF

  • Auch der Park entgeht dem Gestaltungsfuror der Gugginger Künstler nicht

    Auch der Park entgeht dem Gestaltungsfuror der Gugginger Künstler nicht.

    (c) Mitterer, ORF

  • das „Haus der Künstler“ am Waldrand in Maria Gugging

    Das „Haus der Künstler“ am Waldrand in Maria Gugging

    (c) Mitterer, ORF

  • Langsam wachsen die Kunstwerke auch auf den Zubau hinüber: Hirsch von Johann Garber

    Langsam wachsen die Kunstwerke auch auf den Zubau hinüber: Hirsch von Johann Garber

    (c) Mitterer, ORF

  • August Walla definierte den Eingang zum Art Brut Center als Eingang zum „Paradies“

    August Walla definierte den Eingang zum Art Brut Center als Eingang zum „Paradies“

    (c) Mitterer, ORF

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Weltberühmte Künstler

Einer von ihnen, Karl Vondal, hat mich gerade empfangen, Papierrolle unter dem Arm, wie immer – schließlich will er überall arbeiten können, wo es einen Tisch und Stifte gibt. Besucher werden hier freundlich empfangen, egal ob Berühmtheiten wie Arnulf Rainer, André Heller, Gerhard Roth oder David Bowie hereinschneien, wichtige Sammler, Politiker in offizieller Mission oder einer der Nachbarn aus dem Dorf. Schon das ist ungewöhnlich und erfrischend.

Nicht, dass man die Künstler aus Gugging noch vorstellen müsste, sie sind weltberühmt, was mir Karl Vondal am Weg zum Museum den Hügel hinauf auch gleich noch einmal einschärft: Ein weltberühmter Künstler sei er, sagt er, mit einem erstaunlichen Werk – sagen alle.

Arnulf Rainer zum Nachdenken gebracht

Künstlerkollege Arnulf Rainer etwa hatte die Bekanntschaft mit den Gugginger Künstlern im früheren Zentrum für Kunst- und Psychotherapie der Landesnervenheilanstalt in Mark und Bein erschüttert. Dabei fing er an, seinen Status als Künstler zu hinterfragen:

"Wenn es einem debilen Außenseiter gelingt, durch die Qualität seines künstlerischen Werkes 99 Prozent der professionellen Maler zu degradieren, wenn es Infantilität ermöglicht, so intensiv zu gestalten, dass Werke von hohem Rang entstehen, die die gebildete Kunst in manchen Aspekten überholen, hat das Konsequenzen sowohl für des Künstlers Selbstbewusstsein als auch für das Problem seines sozialen Status und seiner eigenen Rollendefinition."

Gewitzter Leiter

Geleitet wird das Art Brut Center in Gugging heute von dem Psychiater und Künstler Johann Feilacher. Er hat vieles anders gemacht als sein berühmter Vorgänger, der Entdecker der Gugginger Künstler, der Psychiater Leo Navratil, legendärer Primar an der Nervenheilanstalt, der talentierte Patienten zur Kunst gebracht, sie gefördert, deren Arbeiten ausgestellt hat und ihnen - damals noch innerhalb der Klinik - einen besonderen Lebens- und Arbeitsplatz im Zentrum für Kunst-Psychotherapie eingerichtet hat. Feilacher hat aus einem Therapiezentrum ein Kunstzentrum gemacht. Was natürlich nicht heißt, dass die Künstler nicht ihren Bedürfnissen entsprechend betreut werden, sondern, dass genau das ihre Privatsache ist, die niemanden etwas angeht.

Schon unter Navratil begann sich die Kunstwelt für die Gugginger zu interessieren, gab es Ausstellungen in anderen Ländern und auf anderen Kontinenten, kamen Interessierte nach Maria Gugging, um mit Künstlern und Werken in Kontakt zu kommen. Und bald wurde das "Haus der Künstler" zu klein. So "besetzte" Feilacher in den 1990er Jahren das ehemalige Haus der Kinder der Klinik mit seinen 3.800 Quadratmetern Nutzfläche, konnte die baufällige Immobilie mithilfe eines ausgefuchsten Plans nutzbar machen und dann nach und nach zu dem eleganten Museum ausbauen, das 2006 eröffnet wurde. Hohe lichte Räume, die Wände weiß oder von den Künstlern bemalt, Beschattung, Klimatisierung, Sicherheit - alles auf dem neuesten Stand. In so manch anderen Kunstinstitutionen in Österreich würde man da blass vor Neid.

Was hier an Kunst entsteht, wird entweder ins Museum gebracht oder in der hauseigenen Galerie verkauft. Über diese Verkäufe finanziert sich ein beachtlicher Teil dieses Unternehmens. Der Rest gehört den Künstlern. Die hie und da geäußerte Kritik, man würde das Talent der Menschen hier ausnutzen, um sich selbst zu bereichern, ist schwer nachzuvollziehen. Die Gugginger machen einen zufriedenen Eindruck, sie werden als Künstler geschätzt und respektiert und bezahlt; das Ambiente ist freundlich, offen, die Arbeits- und Lebensbedingungen wirken angenehm.

Service

Ö1 Club-Mitglieder bekommen im museum gugging ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

museum gugging

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