Passt die Krawatte?

"Der Aufsteiger" aus Frankreich

Die Privatisierung von öffentlichen Gütern ist ein politische sensibles Thema, egal ob Wasser wie gerade in einer aktuellen Diskussion hierzulande, oder die Eisenbahn wie im französischen Polit-Film "Der Aufsteiger" - nur eines der heiklen Themen, mit denen sich der französische Verkehrsminister herumschlagen muss.

  • Der Aufsteiger

    (c) Pierre Schoeller

  • Der Aufsteiger

    (c) Pierre Schoeller

  • Der Aufsteiger

    (c) Pierre Schoeller

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Mittagsjournal, 5.2.2013

Ein Autobusunfall in den Ardennen, neun Tote und zahlreiche Verletzte, vor allem Jugendliche, ein tragisches Ereignis, der Verkehrsminister (Olivier Gourmet) ist schnell vor Ort. Rhetorische Rituale sind dabei wie Schuhlöffel zur Macht. Freilich nutzt der Minister das Unglück, um daraus politischen Profit zu schlagen, Berater sind vor allem besorgt um die passende Krawatte zu den passenden Worten an der passenden Stelle.

Opportunismus und Verrat

Regisseur Pierre Schoeller taucht tief in die Alltagsmechanismen des politischen Geschäfts ein, begleitet den Staatsmann von einem Schauplatz zum nächsten, erforscht Strategien, taktische Manöver, Inszenierungen, das Kalkül hinter jeglichem Handeln.

Manche der Vorgänge in seinem Film seien der Wirklichkeit abgeschaut, so Pierre Schoeller, doch das meiste sei "pure Fiktion". Erhalt der Funktion und Ausbau der Macht, das ist die oberste Prämisse. Dafür verrät man schon mal die persönliche Überzeugung oder gute Freunde, beugt sich aus Opportunismus den Wünschen der Regierungskollegen oder karrierebedachten Einflüsterern. Doch hier ist keineswegs eine technokratische Machtmaschine am Werk, sondern ein Amtsträger mit menschlichen Zügen, einer, der auf die Toilette geht, sich beim Essen verschluckt, dazu ein empfindlicher Magen mit unangenehmer Begleiterscheinung, symbolische Komik inklusive.

Bodenhaftung verloren

Politikerbeschimpfung ist eine Disziplin, in der sich billig Punkte sammeln lassen, doch der Film "Der Aufsteiger" ist mehr: Er legt Politik als zwangsbeladenes System offen, das seine Akteure selbst schaffen, bedienen und erhalten, ein System, das Persönlichkeiten spaltet. Auch wenn man die richtigen Entscheidungen kennt, werden die falschen getroffen. Dabei verliert dieser Minister exemplarisch jegliche Bodenhaftung, also auch das Gespür für den Wählerauftrag, nämlich zu allererst dem Bürger zu dienen und nicht sich selbst.