112. Wia gond mir in Zwischenwasser gschied met Grund und Boda um?
Die vorbildliche Baukultur- und Energieeffiziente Gemeinde Zwischenwasser in Vorarlberg geht ganz neue Wege in der räumlichen Entwicklungsplanung.
8. April 2017, 21:58
Unter dem Slogan: "Wia gond mir gschied met Grund und Boda um?" wird zum ersten Mal in der Geschichte der Gemeinde ein umfassendes räumliches Entwicklungsleitbild erstellt. Dieser mehrstufige Prozess hat das Ziel, die künftige räumliche Entwicklung von Zwischenwasser den Bedingungen, Voraussetzungen und dem Wesen des Ortes entsprechend zu gestalten.
Der zukünftige Umgang mit Grund und Boden wird aber nicht von Experten vorgegeben oder vom Gemeinderat bestimmt, sondern gemeinsam mit der Bevölkerung in einem mehrtägigen Ideenentwicklungsprozess erarbeitet.
Im Vorfeld dieser speziellen Ideentage wurde über zwei Monate lang eine so genannte "Siedlungsmorphologische Analyse" erstellt. Diese Analyse befasst sich mit den baulich -physischen Strukturen einer Siedlung, inklusive deren Organisationsprinzipien und dem Formenprinzip. Im Mittelpunkt stehen dabei die Entstehungsbedingungen der jeweiligen Zeit und die räumlichen Eigenarten. Diese umfassende Auseinandersetzung der Siedlungsentwicklung von der Geschichte bis in die Istzeit wurde im gesamten Gemeindegebiet durchgeführt.
Mit Unterstützung dieser Resultate wird in der Folge eine vor ort ideenwerkstatt® mit breiter Bürgerbeteiligung abgehalten. Dieses partizipative Verfahren zielt darauf ab, gemeinsam mit den BürgerInnen ein räumliches Entwicklungsleitbild für die nächsten Jahre zu entwerfen.
Während die siedlungsmorphologische Analyse den wissenschaftlich objektiven Blick von außen auf das Wesen des Ortes einbringt, erweitert die vor ort ideenwerkstatt® das Zukunftsprogramm um den Blick von innen auf das Gelebte und Gefühlte, auf die Wünsche und Vorstellungen innerhalb der Gemeinde. In der Fusion dieser beiden Bestandteile entsteht ein spezieller Entwicklungskorridor für die nächsten Jahre der Gemeinde Zwischenwasser - mit speziellen Konzepten und Projektvorschlägen für die konrete Umsetzung.
Für den Beteiligungsprozess hat die Gemeinde mit der vor ort ideenwerkstatt® eine Methode gewählt, die eine Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger ermöglicht. Von Donnerstag, 11. bis Sonntag, 14. April 2013 verwandelt sich der Frödischsaal in der Ortschaft Muntlix zum Großraumideenbüro, in dem alle Ideen der Bevölkerung gesammelt und besprochen werden.
Die Besonderheit an der Arbeit mit Expertinnen und Experten vor Ort ist, dass aufgeworfene Ideen unmittelbar gemeinsam weitergedacht und konkret ausgearbeitet werden. Das Ideenbüro ist von Donnerstag bis Sonntag jeweils von 09:00 bis 21:00 Uhr durchgehend geöffnet.
Große Raumpotentiale
Zwischenwasser liegt am Übergang des Rheintals zu den Höhenlagen in Vorarlberg, auf einem großen Gemeindegebiet von 22,6 km2. Derzeit leben die 3.106 Menschen auf eine Fläche von knapp 100 Fußballfeldern in ihren Wohnungen und Häusern. Auf noch einmal 50 Fußballfeldern dürfen weitere Gebäude errichtet werden.
Die Reserve ist also groß. Leistbarer Lebensraum ist dennoch knapp. Die Dörfer Batschuns, Dafins und Muntlix sowie das Naherholungsgebiet Furx und einige Weiler unterscheiden sich zum Teil stark in ihren Strukturen, deshalb ist ein möglichst umfassender Nachdenkprozess notwendig.
Räumliches Entwicklungsleitbild für Zwischenwasser „Damit alles so bleibt, wie es ist, muss sich weiterhin etwas ändern.“, sagt Bürgermeister Josef Mathis. Deshalb wird an dem räumlichen Leitbild gemeinsam mit der Bevölkerung gearbeitet. Ein Ziel des Prozesses ist es, Entscheidungsgrundlagen für die Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung gemeinsam zu erarbeiten. Zudem will man Schwerpunktthemen für die künftige Gemeindepolitik erarbeiten und Schlüsselvorhaben präzisieren.
Mitmachen
Die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde sind die Expertinnen und Experten für den Alltag in ihren Dörfern. Die vor ort ideenwerkstatt® bindet ihr Wissen ein und respektiert es als wertvolle Grundlage künftiger Planungsentscheidungen.
Die Möglichkeiten zur Teilnahme sind vielfältig und abwechslungsreich: Alle Bürgerinnen und Bürger sind herzlich willkommen, einfach im offenen Ideenbüro vorbeizukommen, um sich zu informieren und Ideen zu deponieren.
Bei den Abendveranstaltungen gibt es Gelegenheit, gemeinsam mit anderen die eigenen Vorstellungen zu besprechen. Um auch die Jüngsten einzubinden, wurde das Thema sogar in der Schule behandelt. Auf der eigens eingerichteten Webseite http://www.frutzundfroedisch.at gibt es ein Ideenforum sowie ein Online-Spiel, dessen Teilnehmer_innen der Gewinn eines iPads winkt. Aber nur wer auch persönlich bei der Abschlussveranstaltung mit Frühschoppen, am Sonntag, 14. April dabei ist, hat die Chance, bei der Verlosung gezogen zu werden.
Die Essenz aus vier Tagen gemeinsamer Ideenfindung wird im Anschluss an die vor ort ideenwerkstatt® in das räumliche Leitbild Zwischenwassers eingearbeitet.
Zwischenwasser ist ein Zukunftsort
Die Gemeinde Zwischenwasser ist Gründungsmitglied des Österreichischen Netzwerks Zukunftsorte (http://www.zukunftsorte.at), wo sich die kreativen und innovativen Gemeinden zusammengeschlossen haben. Und das nicht ohne Grund. Seit Jahrzehnten leistet die Vorarlberger Gemeinde Pionierarbeit. Die Spitzenleistungen in den Bereichen Energieeffizienz, Bürger_innenbeteiligung und Baukultur resultieren aus dem Bemühen, die Lebensqualität in Zwischenwasser kontinuierlich zu verbessern.
Das räumliche Entwicklungsleitbild soll Ende Juni 2013 fertiggestellt sein.
Zitate:
„So ein komplexes Zukunftspapier soll nicht der Bürgermeister alleine in seinem Büro schreiben. Das geht nur gemeinsam mit der Bevölkerung“, sagt Josef Mathis, Bürgermeister von Zwischenwasser.
„Wir freuen uns, dass wir in so einer engagierten Vorbildgemeinde mit der Bevölkerung arbeiten dürfen. Wenn die Menschen in den Zukunftsentwicklungsprozess eingebunden sind, können sie sich viel besser mit den Resultaten identifizieren“, meint Roland Gruber von der vor ort ideenwerkstatt®.
Die Gemeinde Zwischenwasser ist die führende e5 Gemeinde Europas und war im Jahr 2009 die 1. Baukulturgemeinde Österreichs.
Eingereicht von
Josef Mathis
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