"Die Marquise von O." im Akademietheater
Am Wiener Akademietheater hatte "Die Marquise von O." Premiere. Der Schriftsteller Ferdinand Bruckner hat Anfang der 1930er Jahre die Novelle von Heinrich von Kleist genommen und für das Theater umgeschrieben. Regie führt Yannis Houvardas, im Hauptberuf Direktor des griechischen Nationaltheaters.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 20.4.2013
Novelle und Stück spielen während der Napoleonischen Kriege. Die junge, verwitwete Marquise von O. wird nach einem Überfall auf ihr Anwesen von einem russischen Hauptmann vor Angreifern gerettet. Doch einige Zeit später entdeckt sie, dass sie schwanger ist - was sie sich nicht erklären kann, da sie während der dramatischen Geschehnisse in Ohnmacht gefallen war.
Es stellt sich heraus, dass der vermeintliche Retter in Wirklichkeit die Situation ausgenützt und sie vergewaltigt hat. In Kleists Novelle wird die Marquise ihres vermeintlichen Fehltrittes wegen erst von der Familie verstoßen, am Ende gibt es dann eine allgemeine Versöhnung, nachdem sie ihren ehemaligen Peiniger geheiratet hat.
Bei Ferdinand Bruckner hingegen emanzipiert sich die junge Frau zusehends, um sich schließlich zu entscheiden, entgegen den gesellschaftlichen Konventionen ihr Kind allein aufzuziehen.
Koventionelle Inszenierung
Kleist hat seine Geschichte, da sie angeblich auf einer wahren Begebenheit beruht, in Italien angesiedelt, Bruckner bringt sie wieder nach Norddeutschland zurück. Ferdinand Bruckner, der eigentlich Theodor Tagger hieß, wurde von den Nazis wegen seiner Bearbeitung von Kleists Stoff angefeindet. Unmittelbar nach der Wiener Premiere 1933 ging er nach Paris ins Exil, 1936 emigrierte er in die USA, nach dem Krieg kehrte er zuerst nach Paris, dann nach Berlin zurück, wo er 1958 starb.
Lebendigkeit vermisst man in der sehr konventionellen Inszenierung weitgehend. Trotz der Bemühungen der ausgezeichneten Schauspieler wirken die oft durchaus dramatischen Dialoge oft lang. Die Bühne deutet mit vitrinenartigen Kuben unterschiedliche Räume des Wohnhauses an, wobei die Wände mit einer Art Fliegengitter Durchblicke gewähren. Die angedeuteten Türen sind allerdings so angelegt, dass für die Akteure die Auf- und Abgänge zu Spießrutenläufen werden. Die Musik eines Streichquartetts unterstreicht die düstere Stimmung noch.
Bei den Akteuren sind vor allem Dorothee Hartinger als Marquise von O., Peter Simonischek als Vater und Oliver Masucci als Hauptmann besonders hervorzuheben. Das Premierenpublikum honorierte die Aufführung mit wohlwollendem Applaus.
Service
Ö1 Club-Mitglieder bekommen am Akademietheater ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).
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