München: Auftakt in NSU-Prozess

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat in München der Prozess um die Verbrechensserie des rechtsextremen "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) begonnen. In dem Verfahren, das als einer der bedeutendsten Strafprozesse der vergangenen Jahrzehnte gilt, muss sich die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe wegen Mittäterschaft bei zehn Morden verantworten. Vier weiteren Angeklagten wird Beihilfe vorgeworfen.

Mittagsjournal, 6.5.2013

Lange Verbrechensliste

Das NSU-Verfahren ist einer der größten und kompliziertesten Prozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte: Die rechtsextreme Terrorgruppe hat aus Rassismus neun Menschen mit türkischen und griechischen Wurzeln und eine Polizistin ermordet. Dazu kommen noch zwei Sprengstoffanschläge mit Schwerverletzten und mehr als ein Dutzend Raubüberfälle. Die mutmaßlichen Haupttäter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhard haben sich 2011 selbst getötet, um einer Festnahme zu entgegen. Vor Gericht steht jetzt Beate Zschäpe, nach Ansicht der Staatsanwaltschaft eine ganz wichtige Komplizin, und vier weitere mutmaßliche Helfer.

Der Prozess beginnt mit dreiwöchiger Verspätung, weil bei der ersten Vergabe der 50 Presseplätze keine türkischen und griechischen Medien zum Zug gekommen sind. Das hat den Ruf des Gerichts schon im Vorhinein beschädigt und die Angehörigen der Opfer sehr aufgebracht. Jetzt gibt es Plätze für türkische und griechische Medien. Der Prozess wird auch im Ausland mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.

Unterbrechung kurz nach Beginn

Schon kurz nach Beginn wurde der Prozess am Montagvormittag für einige Minuten unterbrochen. Grund war ein Befangenheitsantrag, den die Verteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe am Wochenende gegen Richter Manfred Götzl gestellt hatten. Götzl äußerte sich auf Nachfrage des Verteidigers Wolfgang Stahl nicht dazu, wie genau mit dem Antrag verfahren werden solle. Daraufhin beantragten Zschäpes Verteidiger eine kurze Unterbrechung.

Unklar ist, ob es bereits am ersten Tag zu einer Verlesung der Anklage kommt. Zunächst müssen die weit mehr als 100 Prozessbeteiligten aufgerufen werden. Danach dürften zahlreiche Anträge aus den Reihen der Rechtsanwälte der Angeklagten und der Nebenkläger kommen.

Demo vor Gericht

Vor Beginn des NSU-Prozesses demonstrierten vor dem Münchner Gerichtsgebäude etliche Menschen, darunter Vertreter türkischer Vereine, gegen Rassismus. Am Rande der Demonstration sorgten zwei junge Frauen kurzzeitig für Aufregung, die auf das Gerichtsgebäude zugelaufen waren und eine Flasche auf der Straße zerschmettert hatten. "Sie wollen Aufmerksamkeit bei den Medien erregen", sagte ein Sprecher der Münchner Polizei. Festnahmen gab es demnach nicht.