L´Aquila: Eine Geisterstadt nach dem Beben

Italien hat in der Krise keine Reserven für Sonderausgaben. Das muss die Abbruzzenstadt L'Aquila bitter erfahren. Vor vier Jahren hat ein schweres Erdbeben die historische Stadt schwer beschädigt. Bis heute kommt der Wiederaufbau nicht in Schwung. Mit einer dramatischen Geste erregt der Bürgermeister jetzt Aufsehen und wirft dem Zentralstaat totale Gleichgültigkeit vor.

Abendjournal, 07.05.2013

"Italien hat L´Aquila vergessen"

Als Symbol ihrer Staatsmacht tragen die Bürgermeister in Italien eine grün-weiß-rote Schleife. Die hat Massimo Cialente, Bürgermeister von L'Aquila, heute dem Staatspräsidenten geschickt. Ein Gemeindebediensteter hat sie beim Portier im Quirinalpalast abgegeben. "Und wir montieren alle italienischen Fahnen auf den Gemeindegebäuden inklusive Schulen ab, und hissen sie erst wieder, wenn sich Italien daran erinnert, dass L'Aquila noch existiert." Im Namen seines gesamtes Gemeinderats fordert Cialente Staatspräsident Napolitano und den neuen Regierungschef Letta auf, nach L'Aquila zu kommen und persönlich die täglichen Anfragen der verzweifelten und zornigen Bürger zu beantworten.

Bürgermeister droht mit Rücktritt

Denn ganze vier Jahre nach der Katastrophe ist die Altstadt von L'Aquila noch immer unbewohnbar und großteils Sperrgebiet. Stahl- und Holzkorsette halten die beschädigten Kirchen und Palazzi zusammen. Eine Geisterstadt. Die nur zaghaft begonnen Renovierungsarbeiten stehen seit Monaten still. Die Bauarbeiter sind ohne Job und eintausend Familien warten darauf, in ihre Häuser zurückkehren zu können. Wir haben es satt, in Rom um unser Recht zu betteln, erklärt der Bürgermeister. Wenn die Regierung die versprochenen Finanzierungen nicht innerhalb der nächsten 15 Tage loseist, droht er, dann gehe ich.