324. Lernen im LernLabyrinth

Jugendliche haben motorische "Primärbedürfnisse" , die im Regelunterricht nicht nur nicht bedient - sondern ihnen in einem Jahre dauernden "Dressur"-Akt sogar "ausgetrieben" werden. Und so hat bisher niemand systematisch die neurowissenschaftlich fundierte Erkenntnis genutzt, dass ganzkörperlich gemachte Erfahrungen den Transfer auf höhere, abstrakte Lernstufen erleichtern.

Das LernLabyrinth verbindet in verblüffend einfacher Weise die Vermittlung traditioneller Lerninhalte mit gleichzeitiger (!), ganzkörperlicher Bewegung, dazu mit dem prickelnden Gefühl der Herausforderung und mit viel Spaß.

2. Was ist ein LernLabyrinth?
a) Es ist ein Labyrinth, in dem man sich an besonders gekennzeichneten Stellen zwischen 2 oder 3 Wegen entscheiden muss.
b) Im Gegensatz zum "Irrgarten" wird dem Geher im LernLabyrinth geholfen: Er wird mit Multiple-Choice-Fragen konfrontiert, die eben eine richtige und eine ( oder 2 ) falsche Antwort(en) anbieten.
c) Wählt man die richtige Antwort und damit den richtigen Weg, kommt man zum nächsten Scheideweg, wo sich der Vorgang wiederholt.
d) Wählt man die falsche Antwort, gerät man in eine Sackgasse; der "Irrgeher" muss nun den Weg zum Entscheidungspunkt zurückgehen und erfährt so körperlich (!), dass er etwas falsch gemacht hat.

3. Wie kann das LL eingesetzt werden?
a) Im Unterricht: besonders gut zur Wiederholung und Festigung eines bereits erarbeiteten Stoffes. Der Lehrer/die Lehrerin formuliert ca. 12 Fragen mit Antwortmöglichkeiten und lässt die Schülerinnen in kurzen Abständen das LL passieren.
Auch neuer Stoff kann so erarbeitet und gefestigt werden: Ein Beispiel wäre die ( neue ) Rechtschreibung.
b) Bei Ausstellungen: Vom 27. 6. an wird ein großes LL auf dem Mariahilferplatz in Graz begehbar sein ( 25 Meter lang, 10 Meter breit ); errichtet wird es vom Gymnasium für Berufstätige. Thema des LL: "Das Jahr 1913"; in den einzelnen Abschnitten wird über Ereignisse u.Ä. aus dem Jahr 1913 informiert, um den Abschnitt verlassen zu können, wird eine Frage gestellt, deren Beantwortung die Beschäftigung mit den dargebotenen Informationen voraussetzt.

4. Die lernpsychologische und neurophysiologische Begründung des LL
a) Die Doppelrolle des Hippokampus beim Lernen und Zurechtfinden im Raum. Der Hippokampus, an der Innenseite des Schläfenlappens der Großhirnrinde gelegen, ist sowohl für das Lernen als auch für das räumliche Zurechtfinden unbedingt notwendig. Seit 1998 weiß man, dass "im Hippokampus erwachsener Menschen" Neuronen (nach)wachsen können. Manfred Spitzer ("Lernen", 2002 ) meint, "dass der Hippokampus in Abhängigkeit von der Erfahrung wächst und damit umso besser funktioniert, je mehr er beansprucht wird": Londoner Taxifahrer haben einen größeren Hippokampus als der "Normal-Engländer". Das LL verbindet Lernen mit dem Zurechtfinden und trainiert den für das Lernen so wichtigen Hippokampus also zweifach!
b) Ohne Bewegung kein Lernen!
Die motorischen und kognitiven Fähigkeiten des Gehirns sind eng miteinander verbunden. Siegfried Lehrl, einer der Väter des Gedächtnistrainings schreibt in seinem Buch "Gedächtnistraining" unter der Überschrift "Während des Denkens muss man sich bewegen" Folgendes: "In den letzten Jahren wurden mehrere Studien dieser Art durchgeführt. Sie bestätigen sich gegenseitig. In Bewegung ist die flüssige Intelligenz höher als in Ruhe. Es zeigt sich aber auch, dass dies nur zutrifft, wenn man in Bewegung denkt... es ist ideal, sich bei geistigen Tätigkeiten zusätzlich zu bewegen". Es kommt offensichtlich auf die Gleichzeitigkeit von Denken und Bewegung an: Im LL geschieht eben dies!
c) Der "motorische Lerntyp" bekommt eine Chance!
d) Das Lernen wird als positive Herausforderung gesehen: Jede richtige Antwort wird sofort mit dem richtigen Weg belohnt und vermittelt ein starkes Erfolgserlebnis!

5. Abschluss
Das LL könnte eine innovative Erweiterung des didaktischen Angebots jeder Schule, jeder Bildungsinstitution werden: Es ist einfach zu errichten, vom Materialwert her nicht teuer , ist effizient und macht Spaß.

Eingereicht von

Heinz Kohlhammer