320. Neue Lernorte - Bildungsreisen in Wien

„Kleine Bildungsreisen“. Basisbildung an Neuen Lernorten in Wien

Ein Projekt der Basisbildung VHS Floridsdorf mit Erwachsenen mit Deutsch als Erstsprache und guten Deutschkenntnissen in der Entwicklungspartnerschaft In.Bewegung.

„Mit der Schnellbahn fahre ich nie – da kenne ich mich nicht aus“.
„Schön war der letzte Urlaub in Tunesien. …. Nein, beim Belvedere war ich noch nie, das würde ich mir gerne mal anschauen.“ „Ich möchte in 4 Jahren alleine nach Australien fliegen. Dazu muss ich besser lesen und schreiben können und ein bisserl englisch lernen.“ „Wisst‘s ihr, was das für ein Getreide ist?“

LESEFUNDSTÜCK Bildungsreise DONAUCITY:
H.C. Artmann Gedichte auf einer Wohnhausfassade

waun e
waun e jemoes
jemoes en mein lem
a madros wean soit
wea wass wo r e iwaroe no hiikum?

Eignen sich NEUE LERNORTE außerhalb klassischer Kursräume für die Basisbildung? Und wenn ja, für welche Zielgruppe und in welcher Weise?
Gemeinsam mit TeilnehmerInnen (TN) aus unseren Angeboten planen, erproben und evaluieren wir Neue Lernorte, neue methodisch-didaktische Ansätze und neue Medien.
Welche Lernmöglichkeiten finden wir unterwegs und mit welchen Schätzen kommen wir von unseren Bildungsreisen zurück?

Unsere Reisen 2012 führten uns in den Donaupark, wir wanderten am Marchfeldkanal, spazierten im Belvedere Garten und im Botanischen Garten, wir erprobten das Museum „Oberes und Unteres Belvedere‘“, machten uns auf in den Wurstelprater und lernten im Erholungsgebiet Prater sowie im Wasserpark Floridsdorf.
Auf unseren Reisen verfolgen wir das Ziel, all jene Lernmöglichkeiten, die TN täglich in ihrem Alltag nutzen könnten, sichtbar zu machen und zu erproben. Lese- und Rechenmöglichkeiten in Wien - en masse.

Die „Kleinen Bildungsreisen“ vergrößern den Bewegungsspielraum in Wien. „Ich war am Neuen Markt und habe mir angeschaut, ob die Marmorskulptur noch da steht, …so wie das Original, das wir im Unteren Belvedere gesehen haben“.

Unsere Bildungsreisen machen neugierig und Lust auf Mehr, sie führen dabei auch raus aus dem Alltag und verknüpfen sich mit Gefühlen der Selbstbestimmung und des gemeinsamen Erlebens.

„Ich war mit meiner Freundin im Belvedere Garten, ich wollte ihr zeigen, wo wir gewesen sind“.

Wir erweitern nicht nur Grundkompetenzen und Allgemeinwissen sondern leisten mit unseren Bildungsreisen auch einen Beitrag zu Basisbildung im Gesundheitsbereich: wir pflegen den sozialen Austausch, sind in Bewegung, lernen etwas für Körper, Geist und Seele zu tun - psychologische und neurologische Erkenntnisse, deren Bedeutung fürs Lernen immer wieder aufs Neue betont werden.

Wir wollen lieber „angeregt als unterrichtet sein“ stellte Goethe in Dichtung und Wahrheit, 2. Teil, 8. Buch, fest. Elke Gruber, Universität Klagenfurt, weist auf die Notwendigkeit hin, dass die Erwachsenenbildung auch den Auftrag hätte, Menschen wieder neugierig zu machen. „Helfen könnte uns dabei, wenn wir von der Vorstellung abrücken, mit Lernen ausschließlich einen Mangel beheben zu wollen. Damit eröffnen sich Formen des Lernens, die stärker mit Freizeit, Genuss und Vergnügen gekoppelt sind.

Die Erwachsenenbildung kann Orte dafür anbieten, an denen diese Art des Lernens möglich ist; wo man eine Zeit verweilen kann und jene spezifischen Formen der sozialen Begegnung vorfindet, die neugierig machen und nachdenklich stimmen; die aber auch Orte der Unterhaltung, der Besinnung und des Wohlfühlens sein können, Orte, an denen man auftanken kann – im körperlichen wie im geistigen Sinne. (Elke Gruber, S: 81, in: Learning Communities. Hg. Christine Schac!
htner, Angelika Höber)

Methoden - neu:
Die Zielgruppe des Projekts nimmt partizipativ an der Entwicklung der NEUEN LERNORTE teil. Plant, organisiert, diskutiert, entscheidet, erprobt und evaluiert.

Mit der Methode des Lernens im Gehen schließen wir an die Schule des Aristoteles und die philosophische Richtung der Peripatetiker an, wonach durch Übungen in Sprechfertigkeit und Erweiterung der Denk- und Erzählkunst im Gehen Bildungs- und Lösungsprozesse in Gang kommen.
Konzeptuell werden für die Basisbildung auch „neue“ Medien mit der Zielgruppe erprobt. Eröffnen neue Technologien neue Zugänge zur Erweiterung der Lesekompetenz von bildungsbenachteiligten Erwachsenen? Was verbinden Teilnehmende der Basisbildung mit dem Lesen von Büchern, was mit dem Lesen mit e-books oder einem I-Pad? Werden letztere als cool, attraktiv, trendy empfunden, steigern Nutzen und Umgang das Selbstbewusstsein und schaffen damit auch einen Anreiz, die Mühe beim Leseerwerb auf sich zu nehmen? Welche Unterschiede im Lernprozess werden durch den Einsatz der unterschiedlichen Medien und Methoden initiiert und was können Hörbücher leisten für Menschen, denen nachweislich in ihrer Kindheit wenig bis kaum vorgelesen worden ist?

Astrid Klopf-Kellerer, Leitung Basisbildung, Volkshochschule Floridsdorf, Wien Die Wiener VHS GmbH.

Angelika Walz, Projektmitarbeit und Trainerin Basisbildung VHS 21

Projektzeitraum: 03/2012 - 02/2014

Basisbildung: Lesen, Schreiben, Rechnen, IKT und Grundbildung für und mit bildungsbenachteiligten Erwachsenen, VHS 21 Schwerpunkt: Personen, die in Österreich das Schulsystem mehr oder weniger durchlaufen haben sowie MigrantInnen, die schon gut Deutsch sprechen können.

Projektförderung:
Gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und aus Mitteln des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur

Eingereicht von

Astrid Klopf-Kellerer

Link

VHS - Basisbildung