Betriebsversammlungen der Eisenbahner

Der Streit zwischen der Verkehrsgewerkschaft vida und der Wirtschaftskammer um die Arbeitszeiten der rund 35.000 Eisenbahner spitzt sich zu. Die Wirtschaftskammer will einer generellen Arbeitszeitverkürzung nicht zustimmen, die Eisenbahner erhöhen deshalb den Druck und halten heute Betriebsversammlungen in ganz Österreich ab. Störungen des Bahnbetriebs werden nicht ausgeschlossen.

Mittagsjournal, 15.5.2013

Extreme Arbeitszeiten

Die Gewerkschaft vida drängt seit Wochen auf eine Arbeitszeitverkürzung für Österreichs Eisenbahn-Mitarbeiter, von 40 Stunden auf 38,5 Stunden pro Woche, und das ohne Einkommensverluste. Die steigende körperliche Belastung, der die Eisenbahner ausgesetzt seien, mache kürzere Arbeitszeiten notwendig, sagt Roman Hebenstreit, Leiter der Sektion Verkehr in der Gewerkschaft vida. Eisenbahner gehörten zu den flexibelsten Sektoren und hätten die mit Abstand höchsten täglichen Arbeitszeiten, so könne die tägliche Normalarbeitszeit oft 15 Stunden betragen.

Von den insgesamt rund 35.000 Beschäftigten im Eisenbahnsektor arbeiten 32.000 bei den ÖBB, der Rest bei den 14 anderen Eisenbahnen, darunter etwa die private Westbahn und regionale Nahverkehrsbetriebe. Von einer Arbeitszeitverkürzung würden nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Unternehmen profitieren, weil sich die Belastungen für ältere Arbeitnehmer reduzieren würden und man diese Arbeitnehmer dadurch länger einsetzen könne.

Übertriebene Darstellung

Der Tarifpartner von vida, der Fachverband Schienenbahnen in der Wirtschaftskammer Österreich, weist diese Argumente zurück. Die Gewerkschaft übertreibe, was das Ausmaß der Normalarbeitszeit der Eisenbahner angehe, sagt Fachverbandsobmann Thomas Scheiber: "Kein Mitarbeiter ist in der Lage, 15 Stunden en bloc selbst mit den vorgeschriebenen Ruhepausen zu arbeiten. Das kann in einzelnen Fällen die Ausnahme sein, aber das ist absolut nicht die Regel." Um ältere Eisenbahner länger im Beruf zu halten, seien Einzelmaßnahmen wie längere Ruhephasen oder andere Turnusarten besser als eine generelle Arbeitszeitverkürzung.

Störungen nicht ausgeschlossen

Wenn schon kürzere Arbeitszeiten, dann sind diese aus Sicht des Fachverbands maximal bei den ÖBB vorstellbar, nicht aber bei den anderen Unternehmen. Die ÖBB seien nämlich ein betriebswirtschaftlicher Sonderfall, dort gebe es wegen des Frühpensionsstopps einen Personalüberhang. Eine Ausnahme für die ÖBB lehnt aber Gewerkschafter Hebenstreit ab, das sei Wettbewerbsverzerrung. Wie viele Eisenbahner an den heutigen Betriebsversammlungen in ganz Österreich teilnehmen werden, steht noch nicht fest - die Gewerkschaft vida schließt Störungen im Bahnverkehr nicht aus, nennt aber keine Details, wann und wo Störungen auftreten könnten. Heute in einer Woche nehmen Gewerkschaft und Fachverband wieder am Verhandlungstisch Platz.