Österreichische Alpinisten auf den höchsten Gipfeln der Welt

Austria 8000

Kilometerlange Fixseile. Tonnenweise: Zelte, Schlafsäcke, Kocher, Thermos- und Sauerstoff-Flaschen. All das wird von den Sherpas Jahr für Jahr auf den höchsten Berg der Erde, den Mount Everest geschleppt, um den organisierten Wahnsinn, Höhenbergsteigen, überhaupt möglich zu machen.

Mit der Frühzeit des Expeditionswesens hat die heutige Abenteuergier nichts mehr zu tun: Das liegt nicht an den Notebooks, Satellitentelefonen, digitalen Kameras und den Parabolantennen, liegt auch nicht daran, dass zum Basislager am Everest-Südsattel längst auch ein Internet-Café gehört, es liegt wohl daran, dass sich blutige Anfänger heutzutage den teuren Luxus leisten, sich auf das Dach der Welt von Profi-Bergsteigern wie den Sherpas hinauf ziehen zu lassen. Von April bis Mai nistet sich eine Horde von Everest-Kelterern in den Basislagern ein. Nur jene Achttausender, die als besonders gefährlich gelten, wie der K2 oder die Annapurna, bewahren etwas von den vergangenen Entdeckertagen.

Von diesen Entdeckertagen berichtet der Alpinhistoriker Jochen Hemmleb. Der Fokus ist in seinem neuen Band auf die österreichischen Alpinisten im Himalaya und dem Karakorum gerichtet.

Großmacht am Berg

Das flächenmäßig kleine Österreich ist allerdings eine Großmacht, wenn man die Geschichte des Bergsteigens betrachtet. Bei fünf der 14 Achttausender-Erstbesteigungen waren Österreicher beteiligt. Am spektakulärsten war wohl Hermann Buhls Alleingang auf den Gipfel des Nanga Parbat.

Allerdings wäre diese herausstechende bergsteigerische Leistung ohne die unterstützende Wirkung der Droge Pervitin wohl nicht zustande gekommen - wobei erwähnt werden muss, zu Zeiten eines Hermann Buhl, Anfang der 1950er Jahre, hieß es noch, das leistungssteigernde Mittel Pervitin gehört in jede Rucksack-Apotheke.

Archiv der österreichischen Bergsteigergeschichte

Wer sich in ausgesetztem Gelände in eisiger Höhe herum treibt, wandert buchstäblich auf einem schmalen Grat. Tragödien sind Teil der Geschichte an den Achttausendern: So 1986 am K2. Nur Willi Bauer und Kurt Diemberger überlebten damals. Oder, der Tod von Gerfried Göschl bei der Winterbegehung des Gasherbrum I.

Wenn Österreicher die hohen Berge im Himalaya zu besteigen versuchten, waren das nie Bergbelagerungen in großem Stil, sondern kleine Gruppen, die schon in der Frühphase des Höhenbergsteigens den modernen Alpinstil vorweg nahmen.

Kundig wie das von einem Alpinhistoriker vom Range Jochen Hemmlebs erwartet werden darf, gespickt mit Fotos, Skizzen und Interviews ist dieses Buch auch ein Archiv der österreichischen Bergsteigergeschichte an den Achttausendern. Spannend und informativ zugleich, gelingt es Hemmleb herauszuarbeiten, was an den höchsten Bergen so fasziniert: Es liegt an diesem größeren Maß von Lebensintensität, die der Berg bietet. Jene, die sich darauf einlassen, macht diese erhöhte Lebensintensität regelrecht süchtig. Der Berg wirkt wie ein natürliches Antidepressivum.

Service

Jochen Hemmleb, "Austria 8000. Österreichische Alpinisten auf den höchsten Gipfeln der Welt", Tyrolia Verlag