Bata-Nachfahren fordern Entschädigung

In Österreich verbindet man mit den Benes-Dekreten vor allem die Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. Jetzt fordern auch die Nachfahren des einst reichsten Mannes der Tschechoslowakei Entschädigung. Jan Antonin Bata war Herrscher über ein Schuhimperium, das weltweit bekannt ist und zu welchem ganze Städte gehörten. Seine Nachfahren prozessieren bereits gegen Tschechien. Und jetzt will man auch Entschädigung für enteignetes Eigentum in Milliardenhöhe in der heutigen Slowakei.

Mittagsjournal, 25.5.2013

Vom Vorzeigebürger zum Nazi-Kollaborateur

Er war Industriemagnat, Weltenbürger und Charmeur. Jan Antonin Bata hat 1932 von seinem Bruder eine Schuhfabrik übernommen, deren Zentrum im mährischen Zlin lag. Was folgte, war ein beispielloses Kapitel tschechischer Industriegeschichte. Für die Batas war Zlin mehr als nur eine Industriestadt. Sie machten daraus eine Vorzeigesiedlung mit eigener Infrastruktur, Kindergärten und sogar einem Kino für die Arbeiter.

Im historischen Archiv finden sich freundschaftliche Begegnungen zwischen Bata und Edvard Benes, der auch schon zwischen 1935 und 1938 Staatspräsident war. Doch nach dem Krieg sollten die Benes-Dekreten eben diesen Vorzeigebürger zum Nazi-Kollaborateur erklären. Bata wurde in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt. Sein gesamtes Eigentum konfisziert.

Späte Rehabilitation

2007 wurde er in Tschechien rehabilitiert. Tatsächlich, so heißt es heute, habe er den Widerstand gegen die Nazis unterstützt, auch wenn er selbst bereits 1941 emigriert ist. Zehntausende Pfund soll er der Exil-Regierung in London für den Widerstand gegen die Nazis gegeben haben. Seine Enkelin Dolores, eine der Klägerinnen, wird nicht müde zu betonen, dass der Großvater ein Gegner der Deutschen war: "Er war sehr streng. Und er war der Meinung, dass die Tschechoslowakei das Recht hatte, sich zu wehren."

Jetzt ist das offiziell. Die Benes-Dekreten selbst sehen Entschädigung vor. Im Fall Bata ist sie nie erfolgt. Da eine Rückgabe des Vermögens in Tschechien aber nicht mehr möglich sei, fordere man Geld, denn das sei die einzige Möglichkeit, meint Bata-Anwalt Robert Cholensky.

Politische Dimension

Um vorerst einmal 56 Millionen Kronen geht es in Tschechien, das sind umgerechnet 2 Millionen Euro. Eine Summe, die schwer zu errechnen war und vor Gericht korrigiert werden könnte. Jedenfalls aber ein Pappenstiel verglichen mit dem, was auf die Slowakei zurollt. Dort wurde Bata Anfang des Monats rehabilitiert, und vor wenigen Tagen hat auch ein slowakischer Anwalt der Nachfahren Klage angekündigt. Zum Bata-Besitz in der Slowakei gehörten ganze Städte, Ländereien, Hotels und Kurbäder. Allein der Wert eines Schlosses wird auf 300 Millionen Euro geschätzt. Auch hier wollen die Erben keine Immobilien zurück, sondern Entschädigung, die man, so heißt es, dann wieder in der Slowakei investieren werde. Enkelin Dolores hat nur eine Priorität: "Wir geben den Kampf nicht auf. Es muss bekannt werden, was wirklich passiert ist. Wir wollen unseren Namen zurück. Und die Wahrheit. Die Wahrheit. In Wahrheit aber wird es extrem schwer sein, festzustellen, was Batas Erben wirklich zusteht. Wie hoch waren seine Anteile am Firmenbesitz in der heutigen Slowakei wirklich? Denn um Privateigentum handelt es sich nicht. Und wie das Beispiel Tschechien zeigt, sind solche Verfahren langwierig. Die Bata-Erben wollen bis zum europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen wenn es keine Einigung gibt. Aber egal, wo und wie es gesprochen wird, ein Urteil im Fall Bata wird in jedem Fall eine politische Dimension haben.