Türkei: Unruhen weiten sich aus

Binnen kurzer Zeit wurde aus einem zunächst friedlichen Protest gegen ein Bauprojekt in Istanbul ein hochpolitischer Konflikt, der selbst dem türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan zu schaffen macht. Angefangen hat alles gestern mit dem Protest tausender Istanbuler gegen die Zerstörung des beliebten Geziparks am Taksimplatz mitten in der Stadt: Dort soll ein Einkaufszentrum hingestellt werden, die Bäume sollen verschwinden. Demonstranten richten in einer Einkaufsstraße Barrikaden ein, die Polizei reagiert mit Tränengas.

Mittagsjournal, 1.6.2013

Polizei greift hart durch

Ein neuer Tag bringt neue Proteste. In diesen Stunden versuchen in Istanbul wieder tausende Demonstranten den Taksim Platz zu erreichen, sie haben ihre Gesichter verhüllt, mit Taschentüchern und medizinischen Mundschutzmasken und sie fordern den Rücktritt der Regierung- und immer wieder ertönt ihr Hauptslogan: 'Vereint gegen den Faschismus!'

Neue Zusammenstöße mit der Polizei sind sozusagen vorprogrammiert. Die Szenen von gestern Abend wiederholen sich. Die Sicherheitskräfte setzen wieder Wasserwerfer ein, auch Tränengas wird wieder reichlich verwendet in den Straßen rund um den Taksim Platz.

Proteste gegen Erdogan

Eine Gruppe von etwa 500 Personen nähert sich dem Platz von der asiatischen Seite der Stadt aus über die Bosporus-Brücke. Aber sie kommt nicht weit. Die Polizei drängt die vorwiegend jungen Leute zurück. Aber die lassen sich nicht unterkriegen. 'Tayyip, schau wie viele wir sind', rufen sie. Ihre Proteste haben bereits auf andere Städte erreicht - die Hauptstadt Ankara, Bodrum und Izmir.

Die Republikanischen Volkspartei, die größte türkische Oppositionspartei fordert die Regierung Erdogan auf, das umstrittene Bauprojekt - ein Einkaufszentrum in einem Park am Rande des Taksim-Platzes - zunächst auf Eis zu legen, so wie es ein Gericht in Istanbul auch angeordnet hat. Eine Anordnung, über die sich Erdogan aber hinweggesetzt hat, und genau das ist es, was Menschen heutzutage auf die Barrikaden treibt.

Die politischen Hintergründe

Der Protest wegen eines kleinen Parks bringt das Fass zum überlaufen: Ein Park, indem die Männer ihren Tee trinken, Liebespaare einander treffen soll durch ein Einkaufszentrum ersetzt werden. Türkeikorrespondent Christian Schüller über die politischen Hintergründe.

Mittagsjournal, 1.6.2013

Christian Schüller im Gespräch mit Hubert Arnim-Ellissen